Aktion der Seliger Gemeinde mit der Masaryk-Akademie am ehemaligen Gründungsort: Hotel "Imperator" in Teplitz/Teplice
100 Jahre DSAP - Festveranstaltung in Teplice/Teplitz
Prominente Gäste begleiten die Veranstaltung – Arbeit der Seliger Gemeinde gewürdigt
Am 15./16. September gedachte die Seliger Gemeinde, zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung Prag und der Demokratischen Masaryk-Akademie sowie mit Unterstützung durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, der Gründung der Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik (DSAP) im tschechischen Teplice/Teplitz. Neben einem umfangreichen „Themenspaziergang durch das sozialdemokratische Teplitz“ mit Dr. Thomas Oellermann und der Vorführung von Originalfilmen aus der Geschichte der DSAP im Gymnasium Teplice/Teplitz erfolgte auch der Besuch der Grabstätte des 1. DSAP-Vorsitzenden Josef Seliger. Die Veranstaltung schloss mit einem gemeinsamen Festakt. Zu den prominenten Gästen zählten neben den beiden Seliger-Bundesvorsitzenden Albrecht Schläger, MdL a.D. und Helmut Eikam der Außenminister der Tschechischen Republik und stellvertretende Vorsitzender der ČSSD Tomáš Petříček, der Botschafter der Tschechischen Republik in Deutschland S.E. Tomáš Jan Podivínský, die tschechische Generalkonsulin in München Kristina Larischová, der Vorsitzende der ČSSD im Kreis Ústí nad Labem/Aussig Miroslav Andrt, die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Vorsitzende der SPD in Bayern Natascha Kohnen, der Direktor der Demokratische Masaryk-Akademie Vladimír Špidla, die Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Prag, Anne Seyfferth, sowie die Staatssekretärin im Justizministerium Rita Hagl-Kehl, MdB. Begleitet wurde die Veranstaltung von vielen Mitgliedern und Freunden der Seliger Gemeinde aus Tschechien, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland.
Der Themenspaziergang am 15. September durch das sozialdemokratische Teplitz, zusammengestellt von Dr. Thomas Oellermann, führte die Gruppe zuerst in das nahegelegene Drahůnky/Dreihunken zum Geburtshaus von Volkmar Gabert, der nach der Rückkehr aus dem Exil in Großbritannien 1962 bis 1976 Vorsitzender der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag war und 1963 zum Landesvorsitzenden gewählt wurde. Das ehemalige Vereinsgelände des Arbeiter-Fussballvereins „Gleichheit“ Weißkirchlitz/Novosedlice bildete den nächsten Haltepunkt bevor es zu den historischen Örtlichkeiten in Teplice/Teplitz ging. Hier wurden die Gebäude der ehemaligen Arbeiterbibliothek in der Villa „Austria“ sowie des ehemaligen Konsums besucht. Natürlich durfte die ehemalige Redaktion der „Teplitzer Freiheit“ nicht fehlen, wo Josef Seliger seit 1894 als Redakteur arbeitete. Am Abend wurden im Gymnasium Teplice drei Originalfilme aus der Geschichte der DSAP gezeigt. Neben dem Film über das Bundesturnfest des ATUS in Aussig 1930 und der Dokumentation zur 3. Arbeiterolympiade in Prag bekamen die Gäste einen Werbefilm der GEC Schuhfabrik Böhmisch Kamnitz/Česká Kamenice zusehen. Der Tag klang bei einem gemütlichen Beisammensein mit der stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden der BayernSPD, Natascha Kohnen aus.
Viele historische Orte zur Geschichte der DSAP in und um Teplitz/Teplice
Am 16. September trafen die Teilnehmer am Grab von Josef Seliger am Friedhof Bystřany/Wisterschan auf den tschechischen Außenminister und stellvertretende Vorsitzender der ČSSD Tomáš Petříček, der mit dem Botschafter der Tschechischen Republik S.E. Tomáš Jan Podivínský sowie den Direktor der Demokratische Masaryk-Akademie Vladimír Špidla. Diese legten zusammen mit der Vorsitzenden der BayernSPD Natascha Kohnen, nach Ansprachen von Bürgermeister Ivan Vinický und des Bundesvorsitzenden Helmut Eikam, ein Blumengebinde an der eindrucksvoll geschmückten Grabstelle nieder.
Anschließend fuhr die Gruppe zum ehemaligen Gründungsort, dem Standort des inzwischen abgerissenen Hotel „Imperator“ nach Teplice/Teplitz. Hierzu hatte die Demokratische Masaryk-Akademie ein Banner vorbereitet, das alle Teilnehmer zur Erinnerung an die Gründung der DSAP an diesem Ort vor 100 Jahren präsentierten.
Festakt zu 100 Jahre DSAP – mit Bezug zu vielen aktuellen politischen Themen
Im nahegelegenen Restaurant Městské Sály fand anschließend der eigentliche Festakt statt. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung durch Bundesvorsitzenden Albrecht Schläger, sprach Außenminister Tomáš Petříček zur Versammlung. Petříček hob die Bedeutung der DSAP und hier vor allem die positive Rolle der Partei in der Ersten Tschechischen Republik hervor. Er bezeichnete sie als „wichtige Säule eines starken Staates“, was sich nicht nur durch die Beteiligung an der Regierung sondern vor allem im Kampf gegen den Nationalsozialismus ausdrückte. Hierfür seien die sudetendeutschen Sozialdemokraten verfolgt, verhaftet und ermordet worden bzw. mussten ins Exil flüchten. Petříček dankte der Seliger Gemeinde für die Bewahrung der Erinnerung und das Wirken um die deutsch-tschechischen Beziehungen und verwies auf die Zusammenarbeit mit der deutschen Sozialdemokratie zum Wohle Europas, die er gerne vertiefen wolle. Die Vorsitzende der SPD Bayern, Natascha Kohnen, griff in ihrer Rede dieses Angebot gerne auf und berichtete über einen bereits vereinbarten gemeinsamen Termin im Oktober in München. Kohnen griff Beiträge aus dem „Geburtstags-Tagebuch“ der Seliger Gemeinde auf und spannte den Bogen von der Gründung der DSAP bis zu heute aktuellen politischen Themen wie Klimawandel, Migration, Wohnungsbau und soziale Gerechtigkeit. Hierbei lobte sie den Einfluss der ČSSD in der aktuellen Regierungskoalition in Tschechien, insbesondere deren Akzente in der Sozialpolitik. Weiter dankte Kohnen der Seliger Gemeinde, vor allem den beiden Bundesvorsitzenden für ihre Arbeit und die Ausrichtung dieser Veranstaltung. Ein wichtiger Beitrag sei die 2016 veröffentlichte Europaproklamation, „die heute aktueller denn je“ sei: „Ich ziehe den Hut vor Euch!“
Vladimír Špidla, Direktor der Demokratische Masaryk-Akademie und damit Mitveranstalter, dankte den Organisatoren, allen voran Dr. Thomas Oellermann für sein Engagement. Er verwies auf zwei aktuelle Projekte, die die Seliger Gemeinde mit Geldern der Ernst und Gisla Paul-Stiftung zusammen mit der Masaryk-Akademie umsetzten bzw. bearbeiten. Špidla erklärte, dass es dank der Seliger Gemeinde möglich war, das letztes Jahr, 70 Jahre nach Erscheinen, die Tschechen das Masaryk-Buch „Der große alte Mann“ von Josef Hofbauer nun in ihrer Muttersprache lesen könnten. Weiter verwies er auf die derzeit entstehende Internetseite http://www.lidovedomy.cz zu Erinnerungsorten der Sozialdemokratie in Tschechien, die ebenfalls mit Hilfe der Seliger Gemeinde entsteht. Zum Schluss der Veranstaltung sprach auch Anne Seyfferth, die Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung in Prag (FES), allen Beteiligten ihren Dank aus und erinnerte an die Übergabe des Stuttgarter-Archivs der Seliger Gemeinde an die Friedrich-Ebert-Stiftung. Hierbei würdigte sie die Arbeit und den Einsatz der Seliger diese Quellen zusammengetragen und archiviert zu haben. „Nun sind sie ein wichtiger Bestandteil der historischen Bibliothek der sudetendeutschen Arbeiterbewegung in den böhmischen Ländern“. Zum Abschluss der Veranstaltung lud die FES die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Mittagessen ein.
