Brannenburger Thesen

Die Brannenburger Thesen der Seliger-Gemeinde
beschlossen in Brannenburg/Obb. am 31. Oktober 1998

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1.
Die Seliger-Gemeinde versteht sich als Nachfolgeorganisation der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik, die aus der altösterreichischen Arbeiterbewegung hervorgegangen ist und bis zuletzt gegen das Dritte Reich und für den Erhalt der Tschechoslowakischen Republik gekämpft hat. Sie ist heute, nach der Erfahrung des Exils und des Wiederaufbaus, fest in der Bundesrepublik Deutschland etabliert, hat aber auch Gruppen in Kanada, Skandinavien, Großbritannien und in Österreich. Sie unterstützt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und sucht die Zusammenarbeit mit anderen sudetendeutschen sowie mit tschechischen und österreichischen Einrichtungen.


2.
Die Seliger-Gemeinde setzt sich ein für die Verständigung zwischen Sudetendeutschen und Tschechen, für eine verantwortungsbewusste sozialdemokratische Politik in der Mitte Europas und für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der demokratischen Strukturen der Europäischen Union. Insbesondere geht sie davon aus, dass das empfindliche Verhältnis zwischen Sudetendeutschen und Tschechen nicht durch Schuldvorwurfe und Forderungen verbessert werden kann, sondern allein durch die Bereitschaft zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte und durch das Verständnis für die Empfindlichkeiten der anderen Seite.


3.
Die Seliger-Gemeinde fordert daher die Vertreter sudetendeutscher Einrichtungen und Zeitschriften auf, sich aufrichtig mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, insbesondere mit der NS-Herrschaft im Sudetengau und im Protektorat. An die tschechischen Parteien und Medien richtet die Seliger-Gemeinde den Appell, sich ebenfalls aufrichtig mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, insbesondere mit der Vertreibung und allen Maßnahmen und Verordnungen, denen chauvinistische Standpunkte zugrunde lagen. Beide Seiten fordert sie dazu auf, nicht nur der eigenen, sondern auch der Opfer der anderen Seite zu gedenken. In diesem Sinne plädiert sie für den Ausbau direkter Gespräche zwischen Vertretern der tschechischen Parteien und der sudetendeutschen politischen Gruppierungen.


4.
Das Zusammenleben von Tschechen, Deutschen und Juden in Böhmen, Mähren und Schlesien ist durch die NS-Okkupation und den Krieg ebenso stark zerstört worden wie durch die Vertreibung. Die Seliger-Gemeinde geht daher davon aus, dass sich die vergangene Lebenswelt weder durch rechtliche Vereinbarungen noch durch brüderliche Umarmungen wiederherstellen lässt. Sie weiß, dass diese Einsicht für viele ausgesprochen bitter ist. Hier können nur Ehrlichkeit und Realismus weiterhelfen. Die Seliger-Gemeinde ist der Meinung, dass es keine kollektive Rückkehr der sudetendeutschen Volksgruppe geben wird, sondern nur eine individuelle Rückkehrmöglichkeit. Sie setzt sich daher für die nachdrückliche Unterstützung der deutschen Minderheit, für den baldigen Eintritt der Tschechischen Republik in die Europäische Union und für die Verabschiedung eines europäischen Volksgruppenrechts ein. Die Seliger-Gemeinde ist weiterhin der Auffassung, dass es keine weitgehende Restitution des im Jahre 1945 enteigneten Vermögens geben wird. Sie setzt sich stattdessen dafür ein, dass Tschechen und Sudetendeutsche über Modelle einer symbolischen Lösung reden, die von beiden Seiten akzeptiert werden können.


5.
Die Seliger-Gemeinde hält es für unerlässlich, die seit 1990 anstehende Neuformulierung der Ziele in diesem Sinne vorzunehmen und fordert alle sudetendeutschen Gruppierungen auf, sich an einer offenen Aussprache zu beteiligen. Wir brauchen eine attraktive Vision, welche Tschechen und Sudetendeutsche anspricht und von den Nachbarländern als sinnvoller Baustein der europäischen Integration begrüßt wird. Diese Vision muss sich von allen Versuchen lösen, die Zukunft als Restitution der vergangenen Lebenswelt anzustreben. Sie muss vielmehr davon ausgehen, die wertvollen Bestandteile der eigenen Tradition zu erhalten und sie als Bausteine in das Gefüge eines neuen Zusammenlebens innerhalb der Europäischen Union einzubringen. Die Seliger-Gemeinde setzt sich dafür ein, auf diese Weise eine neue Nachbarschaft zu prägen, in der Sudetendeutsche und Tschechen nicht mehr alte Ängste und Aggressionen erleben, sondern in gegenseitiger Achtung ihre Traditionen pflegen und gemeinsam ein Fundament der europäischen Verständigung bilden.
 

 

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