Leo Zahel sen.

Leo Zahel sen. (1905-1963)

 

Leo Zahel sen. wurde am 12. April 1905 in Wagstadt (Vítkov) in Přívoz im Gebiet Troppau in Nordmähren geboren. Er erlernte nach Absolvierung der Volks- und Bürgerschule das Schlosserhandwerk und engagierte sich seit seiner Lehre in der linken Jugendbewegung, geleitet durch den damaligen Bürgermeister Genosse Helfer. Leo Zahel trat der Sozialdemokratie bei und Seine organisatorischen Fähigkeiten und seine Rednergabe ermögliche es ihm, die Parteischule in Karlsthal zu besuchen. Beim Sozialistischen Jugendtag in Aussig 1926 oder 1929 in Wien, marschierte er begeistert mit. Er arbeitete auch an der „Volkspresse“, dem sozialdemokratischen Bezirksblatt im ostmährisch-schlesischen Raum mit. Er wurde 1930 Parteisekretär der DSAP in Troppau und Mährisch-Ostrau für das nordmährisch-schlesische Gebiet. Außerdem war er auch Leiter der dortigen Frauenabteilung. 1934 wurde ihm die Leitung des Parteisekretariats in Jägerndorf übertragen. Ein Jahr später kehrte er wieder nach Troppau zurück. Die Familie zog entsprechend seinen Aktivitäten um, lebte aber die längste Zeit in Troppau, in einem Haus, das der Partei gehörte und in dem sich die Zeitungsdruckerei „Vorwärts“ befand. Sohn Leo Zahel jun. wurde am 31. Mai 1931 in Troppau/Opava geboren.

 

Im Herbst 1937 musste das Parteisekretariat der Sozialdemokraten in Troppau geschlossen werden, weil die Henlein-Leute das Sagen hatten und praktisch die Tätigkeit der Partei sehr, eingeschränkt wurde. Bei seinen politischen Gegnern war Zahel wegen seiner scharfen Angriffe auf das Naziregime bekannt. Die Familie siedelte nach Auflösung der DSAP nach Brünn/Brno über. Dort arbeitete Zahel als Dreher und Werkzeugschlosser in der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Er arbeitete in der Rüstungsproduktion und führte als Manager bis zu dreißig tschechische Mitarbeiter. Zu seinen Aufgaben gehörte es auch, seinen Vorgesetzten die „Gründe“ für die Sabotage unter seinen Untergebenen zu erklären. So deckte er die absichtliche Produktion von Ausschuss in dem Rüstungsbetrieb. Auch seine Frau Maria fand in Brünn Arbeit und der Sohn Leo besuchte ein richtiges Gymnasium.

 

Schon vor Kriegsausbruch halfen die Zahels deutschen Flüchtlingen aus dem Reich und Österreich und knüpften Kontakte zu anderen antifaschistischen Deutschen aus Brünn. Die Befreiung durch die Rote Armee erlebte die Familie zusammen mit anderen Nachbarn aus der Umgebung in den Kellern.

Die Zahels waren entschiedene Gegner des Nationalsozialismus und sahen nicht ein, dass sie in Gefahr waren. Der Schock war deshalb groß, als ein junger Mann mit roter Armbinde Leo Zahel sen. auf dem Weg zur Arbeit anhielt und fragte, ob er Deutscher sei. Der sagte ja, woraufhin der junge Mann ihn festnahm. Er brachte ihn ins Gefängnis, in die Schlafsäle es Kounic-Kollegs, wo er eingesperrt wurde.

 

Maria Zahel versuchte, ihrem Mann zu helfen, suchte nach einem Fürsprecher, musste aber bald auch für sich und ihren Sohn sorgen. Beide wurden zur Zwangsarbeit einberufen. Mutter für die Gartenarbeit und Sohn für die Müllbeseitigung. Am 30. Mai kam der Aufruf, sich bis zum Abend auf der Polizeiwache zu melden, da man sie ins Lager bringen würde, um zu überprüfen, wer von den Brünner Deutschen Nazis sei und wer nicht. Leos Mutter packte Kleidung und Lebensmittel und meldete sich mit ihrem Sohn zur vereinbarten Zeit bei der örtlichen Polizei. Sie wurden hier registriert und Maria Zahel musste die Schlüssel für die Wohnung abgeben. Ohne Angabe eines Ziels marschierten sie mit den anderen von Brünn aus Richtung Süden.

 

Es war ein Marsch der Deutschen von Brünn nach Pohořelice, der später so genannte „Brünner Todesmarsch“. Unterwegs warfen Leo und seine Mutter die überschüssige Ladung in die Gräben, sie sahen die Toten und die Getöteten. Sie wurden von Angehörigen der Roten Garde begleitet. Irgendwann wurden sie von einem der Führer mit einem roten Band angesprochen. Es stellt sich heraus, dass er sich an Leos Mutter aus der Firma erinnert, in der sie während des Krieges gearbeitet hat. Er gab zu, dass er wusste, dass sie keine Nazis waren, aber das Einzige, was er nach seinen eigenen Worten für sie tun konnte, war, ihnen eine kurze Rast im Schatten eines Baumes anzubieten. Der Halt erfolgte nur am Sammelplatz in Pohořelice. Hier durchsuchten die Wachen das Gepäck der Inhaftierten, befahlen ihnen die Herausgabe sämtlicher Wertsachen und überprüften, ob sich unter ihnen Anti-Nazis befanden. Die Zahels weigerten sich, aus den Häftlingen entfernt zu werden, weil sie Sozialdemokraten und keine Kommunisten waren. Am Abend des 31. Mai wurden die Deutschen aus dem Lager vertrieben und man rief ihnen zu, sie sollten jetzt zu Hitler gehen. Es war zufällig Leos 14. Geburtstag. Die Mutter führte ihren Sohn zusammen mit anderen Flüchtlingen, nach Österreich. In Wien fanden sie Hilfe und Unterkunft bei Freunden, bevor es ihnen gelang, Fahrkarten für eine Bahnfahrt in die etwa 60 km von Wien entfernte Stadt Ternitz zu ergattern. Der Stiefvater und die Schwester von Maria Zahel lebten hier. Dank ihrer Fürsprache bekamen sie sofort eine Anstellung in der Küche – und genügend Essen, damals im Juni 1945. Sie blieben bis August 1945 in Ternitz, dann beschlossen sie, nach Wien zurückzukehren, damit Leo sein Studium fortsetzen konnte.

 

Hier fand sie der Vater am 22. November. Da Leo Zahel kein NSDAP-Mitglied war, durfte er im Arbeitslager in Brünn arbeiten und beschädigte Türschlösser reparieren. Ohne Angabe von Gründen wurde er am 8. November 1945 entlassen. Leo Zahel konnte nirgendwohin zurückkehren, nachdem seine Frau und sein Sohn sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Tschechoslowakei befanden und die Wohnung in den Besitz des Nationalkomitees übergegangen war. So wanderte er mehr oder weniger freiwillig nach Wien aus.

 

Anschließend lebte die Familie zusammen in Wien. Aufgrund fehlender Mittel für die Schulgebühren musste Leo jun. im Herbst 1945 eine Arbeit aufnehmen. 1947 erwarb Leo Zahel (mit Familie) als Vertrauensmann der SPÖ im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring die österreichische Staatsbürgerschaft. Leo Zahel sen. erkrankte bald, erlitt 1946 einen Herzinfarkt, 1949 wurde ihm das Bein amputiert. Nach dem Staatsvertrag 1955 („Österreich ist frei“) konnte dann 1956 eine Auslandsgruppe der Seliger-Gemeinde gegründet werden, der Leo Zahel sen. bis zu seinem frühen Tod vorstand.

 

Leo Zahel sen. starb am 12.12.1963 in Wien.

 

 

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