Richard Reitzner
Richard Reitzner wurde am 19. August 1893 in Einsiedel bei Marienbad geboren. Er war ein Sohn des Porzellanmalers Adolf Reitzner, der 1907 für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) in den Wiener Reichsrat gewählt wurde. Nach dem Besuch der Lehrerbildungsanstalt arbeitete Richard Reitzner als Lehrer und bildete sich daneben als Gasthörer an der Karls-Universität Prag fort.
Er nahm von 1914 bis 1918 als Soldat am Ersten Weltkrieg teil, schloss sich 1920 der Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (DSAP). Schon im Alter von 23 Jahren gehörte er dem Parteivorstand an. Daneben engagierte er sich als Funktionär im Sozialdemokratischen Lehrerverband, dem ATUS und in der Arbeiter-Sportinternationale. So hatte er Kontakt zu internationalen Gesinnungsgenossen wie den Labour-Abgeordneten Richard Crossman und Pundit Nehru, die ihn in Tetschen-Bodenbach besuchten.
Als der Einmarsch ins Sudetenland begann, entschloss er sich im Herbst 1938 mit seiner Familie, u.a. dem 17-jährigen Sohn Almar, nach Großbritannien zu emigrieren, um sich gerade noch rechtzeitig einer Verhaftung des Hitlerregimes entziehen zu können. Über 20.000 sudetendeutsche Sozialdemokraten kamen in Zuchthäuser und Konzentrationslager des Dritten Reiches, nur einem kleinen Teil gelang die Emigration.
Im Exil in London leitete er mit Wenzel Jaksch und Ernst Paul eine Emigrantengruppe. Sie wehrten sich vehement gegen die Pläne der tschechischen Exilregierung über drei Millionen Sudetendeutsche aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg zu vertreiben. Reitzner, Jaksch und Paul traten schon damals für ein geeintes Europa ein, das keine Vorherrschaft einer Nation über eine andere kennt.
Reitzner siedelte 1946 als Heimatvertriebener mit seiner Familie nach Westdeutschland über, ließ sich in Haar bei München nieder. Dort gründete er eine Wohnungsbaugesellschaft. 1947 wurde er stellvertretender Staatssekretär für das Flüchtlingswesen in Bayern. Reitzner gehörte dem Deutschen Bundestag seit 1949 bis zu seinem Tode an. Dort war er Flüchtlingsexperte der SPD und leitete von 1953 bis zu seinem Tode den Arbeitskreis „Flüchtlinge und Heimatvertriebene“ der Fraktion. Von 1949 bis 1957 war er stellvertretender Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Heimatvertriebene. Reitzner wurde stets über die Landesliste der SPD Bayern in den Bundestag gewählt.
Richard Reitzner setzte sich nicht nur mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die erste Vertriebenen-Zeitung, die „Brücke“, ein und schuf auch die finanziellen und personellen Grundlagen für ihr Bestehen. Die „Brücke“ erschien erstmals am 1. Juni 1947 in einer Auflage von 60.000 Exemplaren.
Im Gründungsprotokoll der Seliger Gemeinde vom 4.6.1951 ist der Einberufer Richard Reitzner, MdB. Als Zweck schlug er vor „die Notwendigkeit einer Zusammenfassung der ehemals in der sudetendeutschen Arbeiterbewegung tätigen Männer und Frauen sowie die Verpflichtung, gerettetes Kulturgut zu sammeln und auszuwerten. Bei der Gründungsversammlung der Seliger-Gemeinde am 10./11. November 1951 wurde dann Wenzel Jaksch zum Bundesvorsitzenden gewählt und Richard Reitzner übernahm den geschäftsführenden Vorsitz, den er bis zu seinem Tode am 11. Mai 1962 in München/Haar innehatte.
Am 3. Juli 1959 wurde er mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.
Richard-Reitzner-Medaille
Im Gedenken an den Mitbegründer der Seliger-Gemeinde wurde die RICHARD-REITZNER-MEDAILLE geschaffen. Sie wird seit 1975 in Anerkennung und als Dank für besonders aktive Mitglieder vergeben.
WIR WERDEN NUR ERFOLG HABEN, WENN WIR IM GEISTE JOSEF SELIGERS FÜR FREIHEIT UND RECHT, FÜR DEN DEMOKRATISCHEN SOZIALISMUS, FUR DIE RÜCKKEHR ZUR MENSCHLICHKEIT UND ZUR MENSCHWERDUNG ARBEITEN.
RICHARD REITZNER
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