Jahresseminar 2018 in Bad Alexandersbad

Veröffentlicht am 29.10.2018 in

Intensive Gespräche und Diskussionen prägten die Zukunftswerkstatt anlässlich des Jahresseminars 2018

 

Kamingespräch 2018 zur Zukunft der Seliger Gemeinde

Intensiver Meinungsaustausch zur zukünftigen Ausrichtung – Geschichtliche Verantwortung das Asylrecht zu verteidigen – Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- oder Minderheitensprachen

Eine große Anzahl von Mitgliedern griff die Aufforderung zur Fortsetzung der Zukunftswerkstatt von 2005 auf und diskutierte in angeregter Runde Schwächen, Stärken und Lösungsansätze der Seliger Gemeinde, um auch in Zukunft bestehen zu können. Eine hohe Glaubwürdigkeit bei Demokratisierung, Kampf gegen den Faschismus, Asylrecht und Emigration, Integration und natürlich Europa müssen Grundstock der weiteren Arbeit sein. Auch der Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- oder Minderheitensprachen muss ein Anliegen der Seliger Gemeinde sein. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Thomas Oellermann und Rainer Pasta.

 

Zuletzt 2005 hatte sich die Seliger Gemeinde in einem Seminar unter Leitung von Karl Garscha intensiv mit der eigenen Zukunft befasst. Die Ausstellung „von der DSAP zur Seliger Gemeinde“ war eines der wichtigsten Ergebnisse der damaligen Tagung.

Die neuerliche Schwächenanalyse bestätigte einige negative Entwicklungen, die bereits 2005 abzusehen waren: Die Mitgliederstruktur und damit die finanzielle Sicherheit entwickeln sich aufgrund der demographischen Entwicklung rückläufig. Die Fokussierung auf historische Inhalte, der fehlende Gegenwartsbezug und die schwer vermittelbare Identität der „Seliger-Gemeinde“ waren bereits 2005 erkannt worden und konnten bisher nicht korrigiert werden.

Die Stärken der Seliger Gemeinde überwogen aber diese Mal deutlich in der Analyse. Die verbesserte Öffentlichkeitsarbeit durch die 2005 initiierte Ausstellung, die regelmäßigen Auftritte der Seliger Gemeinde beim Sudetendeutschen Tag sowie weiteren öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen auch innerhalb der Sozialdemokratischen Familie zeigen deutlich Wirkung. Auch die Publikationen der Seliger Gemeinde, allen voran die „Brücke“ und ihre Sonderausgaben, aber auch die Schriftenreihe wurden sehr positiv bewertet. Die aktuellen Buchveröffentlichung unter Mithilfe der Seliger Gemeinde sowie der Ernst und Gisela Paul-Stiftung erzeugen ebenfalls große öffentliche Wirkung. Die Professionalität der Organisation und die interessanten Inhalte der Seminare und Informationsfahrten sprechen die Mitglieder und Neu-Interessenten immer besser an. Es konnte zwar noch keine generelle Trendumkehr bei der Mitgliederentwicklung erreicht werden, aber es konnten eine Reihen neuer, auch jüngerer Mitglieder gewonnen werden.

Die Motivation der Mitglieder, das große Zusammengehörigkeitsgefühl und die gute Vernetzung untereinander und mit der BayernSPD sind große Garanten für das Fortbestehen der Seliger Gemeinde. Schließlich sind die historische Erfahrung und die damit unbestreitbare Glaubwürdigkeit der Seliger Gemeinde in Bezug auf aktuelle Themen wie Demokratisierung, Kampf gegen den Faschismus, Asylrecht und Emigration, Integration und natürlich der europäische Gedanke die größten Pluspunkte, und darauf muss aufgebaut werden.

Hohe Glaubwürdigkeit bei Demokratisierung, Kampf gegen den Faschismus, Asylrecht und Emigration, Integration und natürlich Europa

Gerade der Themenblock „Asylrecht, Emigration und Integration“ wurde intensiv diskutiert. Vor allem die Mitglieder aus Österreich forderten hier eine deutlichere Positionierung der Seliger Gemeinde und die Zusammenarbeit mit anderen, gleichgesinnten Gruppierungen ein. Insbesondere die Seliger Gemeinde müsse das Asylrecht verteidigen, denn die eigene Geschichte wäre ohne die Möglichkeit zur Emigration in Zeiten des Nationalsozialismus nicht denkbar. Die weltweite Komponente der Emigration1938 wurde bereits im Laufe des Seminars angesprochen.

Mit dem „Asylkompromiss“ 1993 wurde die SPD ihrer Verantwortung nicht gerecht

Immer mehr fallen Asylsuchende unter den Generalverdacht einer potenziellen Belastung und Bedrohung für Sicherheit, wirtschaftliche Prosperität, soziale Systeme oder spezifische kulturelle und politische Werte der eigenen Gesellschaft. Zuwanderung ist immer mit Ängste vor einer Zunahme der Erwerbslosigkeit, einer Überforderung des sozialen Sicherungssystems sowie einer kulturellen "Überfremdung" verbunden,, dass erlebten auch die sudetendeutschen Emigranten 1938.

Der 1992 zwischen der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP mit der oppositionellen SPD ausgehandelte „Asylkompromiss“ besagt, dass wer aus "verfolgungsfreien" Ländern stammt oder über sogenannte sichere Drittstaaten einreist, mit denen Deutschland lückenlos umgeben ist, in aller Regel keine Chance auf Asyl hat. Damit wurde die SPD ihrer Verantwortung nicht gerecht.

Seit 2015 rächt sich, dass alle Nachbarstaaten von der Bundesrepublik als sichere Drittstaaten eingestuft wurden. Die Konsequenzen der Asylrechtsänderung von 1992/93 in der Bundesrepublik Deutschlandwaren für die nachbarschaftlichen Beziehungen dieser Länder nachteilig. Beispielsweise musste Tschechien die „grüne“ Grenze zur Slowakei gegen Immigranten sichern, was die Slowakei als Abschottungspolitik auffasste und zu Spannungen im bilateralen Verhältnis führte. Infolge des Schengener Abkommens von 1998 musste Polen den visafreien Verkehr mit Weißrussland und Russland abschaffen, was wiederum die wirtschaftliche Entwicklung in diesen polnischen Grenzregionen beeinträchtigte. Italien, Griechenland und Spanien wurden mit dem Zustrom von Flüchtlingen seit 2015 völlig allein gelassen.

Die SPD hielt bisher zumindest am Grundrecht auf Asyl fest. Sie lehnte die Versuche ab, das Grundrecht auf Asyl in eine institutionelle Garantie umzuwandeln oder die Rechtsmittel zu verkürzen. Es wurden aber in den letzten Jahren aufgrund des fremdenfeindlichen Populismus, auch aus den Unionsparteien, allen voran der CSU, einschneidende Kompromisse eingegangen, die das Asylrecht mehr und mehr aushöhlten. Die willkürliche Erklärung weiterer „sicherer Herkunftsländer“ vor allem in Nordafrika dienen lediglich der Einschränkung der Zuwanderung.

Allein die staatlichen Verfolgungsmaßnahmen als Asylgrund werden der Problematik nicht gerecht.

Die SPD muss diejenigen besser schützen, die auch von nichtstaatlicher Verfolgung oder geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen bedroht sind. Allein die staatlichen Verfolgungsmaßnahmen als Asylgrund werden der Problematik nicht gerecht.  Was hätte dies für die sudetendeutschen Emigranten 1938 bedeutet? Sie wurden nicht vom tschechischen Staat verfolgt, sahen aber die Okkupation der Nazis kommen bzw. erlebten sie hautnah mit – da es oft um Leben und Tod ging und wenige Stunden darüber entschieden, ob die Rettung gelang oder eben nicht, ist diese Asylrechtsauslegung absolut indiskutabel.

Egal wohin die sudetendeutschen Sozialdemokraten flüchteten, einfach war es nirgends. Aber sie kämpften sich durch. Hatte die erste Generation aufgrund der Sprachbarrieren oft nur die Möglichkeit einfache Arbeiten als Farmer oder Fabrikarbeiter zu verrichten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, machte schon die 2. Generation oftmals Karriere. Von allen aber wird berichtet, wie sie im Exil versuchten ihre eigene Geschichte und Identität zu bewahren. Integration bedeutet nämlich nicht Selbstaufgabe und Assimilierung, sondern den Erhalt der eigenen Sprache und Bräuche in einer neuen Heimat. Was gibt uns heute das Recht, die aktuellen Asylsuchenden pauschal zur Aufgabe ihrer eigenen Identität zu nötigen?

 

Der Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- oder Minderheitensprachen sollte Thema sein

Auch die von der Österreichischen Gruppe ins Gespräch gebrachte und von ihr unterstützte europäische Initiative „Minority Safe Pack“ war nie Thema der Seliger Gemeinde in Deutschland.

In den 47 Staaten Europas leben rund 340 autochthone Minderheiten mit mehr als 100 Millionen Menschen. Jeder siebte Europäer ist Angehöriger einer autochthonen Minderheit oder Volksgruppe. Es gibt allein in der EU neben den 23 Amtssprachen über 60 Regional- oder Minderheitensprachen, die von rund 40 Millionen Menschen gesprochen werden.

 

Die in diesem Zusammenhang auf den Weg gebrachte europäische Bürgerinitiative sollte die bedeutendste solidarische Aktion der Minderheiten in Europa der letzten Jahrzehnte werden. Leider konnten statt der 1 Million benötigter Unterschriften nur  771.089 erreicht werden. Der Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- oder Minderheitensprachen sollte Thema der Seliger Gemeinde sein.

 

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