80. Jahrestag der ersten Transporte von NS-Gegnern aus dem Sudetenland ins KZ Dachau

Veröffentlicht am 29.10.2018 in

Gedenkgottesdienst anlässlich des 80. Jahrestages der ersten Transporte von NS-Gegnern aus dem Sudetenland ins KZ Dachau

Vor 80 Jahren, im Oktober 1938, besetzte die Wehrmacht die überwiegend von Deutschen bewohnten tschechischen Grenzgebiete und gliederte diese ins sogenannte „Großdeutsche Reich“ ein. Grundlage war das „Münchner Abkommen“, dem Großbritannien und Frankreich nach Hitlers ultimativen Kriegsdrohungen gegen die Tschechoslowakei zugestimmt hatten. Sofort nach dem „Anschluss“ begann insbesondere das „Sudetendeutsche Freikorps“, das Himmler in die SS integrierte, mit der Jagd auf die Gegner der Annexion. Anfangs wurden besonders Kommunisten, Sozialdemokraten, Juden und Tschechen terrorisiert. Bald dehnten die Nazis ihre Verfolgungen auf alle Sudetendeutschen aus, die sich der Gleichschaltung im NS-Staat widersetzten.
 

Claudia Mühlbacher, Pfarrerin in der Evangelischen Versöhnungskirche in der Gedenkstätte Dachau und Ludwig Schmidinger, Bischöflicher Beauftragter für KZ-Gedenkstättenarbeit in der Erzdiözese München und Freising, gedachten während des ökumenischen Gottesdienstes an die NS-Opfer aus dem Sudetenland. Die Geistlichen erinnerten aber auch an das harte Schicksal, welches viele Sudetendeutsche im Rahmen des Krieges und der Vertreibung erleiden mussten.

Allein in Dachau waren von 1938 bis 1945 über 2600 Menschen aus dem Sudetenland eingesperrt. Mindestens 76 überlebten den NS-Terror nicht. Unter den Gefangenen befanden sich auch viele engagierte Christen, wie Pater Engelmar Unzeitig, der in seiner Pfarrei Glöckelberg im Böhmerwald denunziert und im Juni 1941 ins KZ Dachau verschleppt worden war. Dort starb er im März 1945 an Typhus.

Joachim Käppner von der Süddeutschen Zeitung schrieb über das Münchner Abkommen, dass die westlichen Demokratien ihre Werte und Freunde geopfert hätten. Als eine mögliche Lehre aus dem damaligen Geschehen sieht Käppner die Erkenntnis, dass Demokratie, Volkssouveränität und Menschenwürde keine Selbstverständlichkeiten wären, dass sie vielmehr immer wieder neu gefestigt und gesichert werden müssten.


Im Gottesdienst zitierte Schmidinger den Historiker Otfrid Pustejovsky, der sich auf die tschechische Geschichte und speziell auf die der Sudetendeutschen
spezialisiert hat. Pustejovsky erzählt von jungen Leuten im Sudetenland, die sich frühzeitig für Opposition und Widerstand gegen die Diktatur entschieden hatten. Diese jungen Menschen hätten sich nicht durch Parolen, Fahnen und Aufmärsche beeindrucken lassen, sondern wären ihrem Gewissen gefolgt. Unter ihnen auch Georg Hentschel-Heinegg aus dem Böhmerwald und Roman Scholz aus Mährisch-Schönberg, die mit Mitte Zwanzig nach Gestapo-und KZ-Haft durch den Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Vor seiner Hinrichtung schrieb Scholz in seinem Abschiedsbrief: „Nur noch Stunden trennen mich von dem Augenblick da man mich schert und wie einen Hund an die Kette legt. Dann ist für mich alles so gut wie zu Ende“. Das war ein Hilferuf eines Menschen, der sich bedroht sah durch Verleumdung, Verwünschung und Fluch, und durch Vernichtung und Todesdrohung nicht nur gegen sich selbst, sondern gegen seine ganze Nachkommenschaft.

Schmidinger sagte: „Wenn wir heute an die Geschehnisse vor 80 Jahren erinnern, so tun wir dies nicht nur, um die damals Erniedrigten und Geschändeten zu ehren, wir tun es auch um unsere Sinne und Gedanken zu schärfen, damit wir fähig werden zur Unterscheidung“. Wichtig ist es zu sehen und zu erkennen welches die Motive waren, die hinter den Geschehnissen und den Taten lagen. Den sogenannten Mantel des Vergessens zu heben und anzuschauen was war“.

 

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