Frühjahrsseminar 2018 in Bad Alexandersbad

Veröffentlicht am 04.05.2018 in

Egerer Nischen - Das Mädel mit Teddy

 

An vielen Häusern der Egerer Altstadt gibt es Nischen, ehemals geschmückt mit kleinen Statuen oder Bildern. Diese waren Zeugnisse des Glaubens, der Familiengeschichte oder der Berufe ihrer Bewohner. Im Laufe der Zeit sind diese Kunstwerke aber verschwunden. Die leeren Nischen wurden von Künstlern aus der ganzen Tschechischen Republik mit neuen Skulpturen gefüllt.


 

 

Das Projekt „Egerer Nischen“, 2005 bis 2011, hatte zum Ziel, die leeren Nischen und Kartuschen in der denkmalgeschützten Innenstadt Egers mit den Werken zeitgenössischer bildender Künstler zu füllen. Es entstanden Kunstwerke, die den Betrachter zum Nachdenken anregen, da sie tiefgründig sind und mehrdeutig interpretiert werden können. Dazu gehört auch die Darstellungen eines Mädchens, das in der Jateční (ehem. Schlögelgasse), keine 100 Meter vom Rathaus entfernt, zu finden ist.

 

Dieses Egerer Mädchen erinnert an die Welt von gestern, an das Leben in einer Stadt, in der die Menschen zum Opfer der „großen Politik“ wurden, auch wenn sie noch jung waren und deshalb nicht verstehen konnten, wer ihr Leben gewaltsam veränderte. Der Künstler Miroslav Žáčok aus Budweis füllte die Nische im Gebäude Jateční Str. 3 mit einer Skulptur mit dem Titel „Kindchen”.

 

Das Mädchen mit dem Teddy ist ungefähr sechs Jahre alt. Es scheint verärgert zu sein. Vielleicht wurde das Kind beim Spiel gestört. Der Künstler Miroslav Žačok schreibt: „Die Statue … soll vielleicht ein Mädchen darstellen, das einst in diesem Haus lebte und es im Jahre 1946 verlassen musste. Es könnte ein sudetendeutsches Mädchen gewesen sein – oder vielleicht auch ein jüdisches Kind. Es geht darum, dass für die Fehler der Erwachsenen unschuldige und wehrlose Kinder büβen müssen... “

 

Die Betrachter werden daran erinnert, dass – zunächst aus nationalistischem Hass auf die Juden, dann mit der Behauptung einer Kollektivschuld aller Deutschen – Menschen aus dieser Stadt diffamiert, vertrieben und ermordet wurden. Meine jüngere Tochter stand mir auch Modell, also wenn sie dann groβ wird, kann sie herkommen und sich selbst anschauen.“

 

Das Kunstwerk ist sehr viel mehr als nur schön, dekorativ und dem historischen Ambiente angepasst. Das sehr lebendig dargestellte Mädchen regt den Betrachter zum Nachdenken an, und man ahnt, dass wir fortschrittsgläubigen Menschen seit den vergangen Jahrhunderten viel verloren haben. Der Rückblick auf  die Vergangenheit kann helfen, die Gegenwart besser zu verstehen und eine Orientierung auf dem Weg in die Zukunft zu finden.

 

Der Künstler Miroslav Žáčok – ein Wahrheitssucher

Miroslav Žačok (geb. 1976 in Stará Lubovňa/Slowakei) ist Absolvent der Hochschule für bildenden Kunst in Pressburg, Fach bildende Kunst, Lehrstuhl Skulptur. Er setzte seine Ausbildung im Atelier der freien Kreativität und dem Figuren-Atelier an der AVU, Atelier der figuralen Skulptur in Prag fort, widmet sich der Bildhauerei, dem Zeichnen und dem Malen. Žáčok lebt nun in Budweis.

 

Mit 18 Jahren hat Miroslav Žáčok angefangen, mit dem Stein zu arbeiten. Spontan sind die ersten „Steinfische“ entstanden. Steine als Bestandteile der Flüsse und Bäche haben eine große Energie, eine haptische Kraft. Auch das Holz liegt ihm: „Das Holz – das sind die umgestürzten Bäume im Fluss, die schwimmenden Baumstämme. Meine Vorfahren haben als Holzfäller im Wald gearbeitet. Das Holz bedeutet Wärme und außerdem ist das Holz auch ein Grundbaustoff. Die Häuser meiner Vorfahren wurden aus den Steinen und aus dem Holz gebaut – aus rein natürlichen Materialien.“ Und auch das Metall liegt ihm.

 

Was verrät uns die Arbeit von Miroslav Žáčok? Sie verrät, dass ein ausgebildeter Bildhauer dahinter steckt, ein Künstler, der in jedem Moment weiß, wohin er will, der seinen Händen vertraut und der im ständigen Dialog mit dem Material dieses dazu bringt, sich eine Form zu geben, metaphernhaft zu werden. Die Skulptur macht das harte Ringen sichtbar, das ihr Schöpfer auf seiner ganz persönlichen Sinnsuche bewältigt, die ihn zur jeweils möglichen Form bringt. Er selbst nennt sein Tun eine „bestimmte spirituelle Reise“.

 

Die Statue im klassischen Geist mag in unserer hektischen Zeit ein wenig „out“ zu sein. Das ficht ihn nicht an: „Die Bildhauerei ist der Weg zur Freiheit.“ Der Künstler spricht mit seiner Arbeit die Sinne des Betrachters seiner Werke an. Er lässt ihn nicht allein mit undeutbarer Metaphorik. Die Realität ist der Ausgangspunkt all seines Schaffens. Er hat die handwerklichen Fähigkeiten, die für wirklich gute Bildhauerei nötig sind, Er weiß um die Bedeutung der Proportionen. Er betont: „Eine gute Skulptur zu schaffen, ist sehr schwierig. Ich glaube, dass es ohne Zeichnungen und Studien der Wirklichkeit nicht geht.“ Miroslav Žáčok ist ein Wahrheitssucher.

 

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