Gedenken an Dr. Ludwig Czech

Veröffentlicht am 02.09.2022 in Allgemein

Beitrag der Seliger-Gemeinde zum Gedenken an Dr. Ludwig Czech zum 80. Todestag am 20.08.2022  in Theresienstadt

Verehrte Anwesende,

Václav Havel möchte ich zitieren, der vor 29 Jahren an dieser Stelle, bei der Enthüllung der Gedenktafel für Dr. Ludwig Czech sagte:

„Für viele Menschen war Theresienstadt eine Umsteigstation auf ihrem Weg, der zu einem sicheren und grausamen Tod führte, für andere war hier Endstation. Zur Endstation wurde Theresienstadt auch für den bedeutenden Politiker, langjährigen Vorsitzenden der sudetendeutschen Sozialdemokraten und Mitglied mehrerer unserer Vorkriegsregierungen, Dr. Ludwig Czech. Wenn wir heute wieder über Vergangenheit und Zukunft des tschechisch-deutschen Zusammenlebens nachdenken, dann müssen wir … an diesen Mann erinnern, der alle guten Seiten dieses Zusammenlebens verkörperte. Das Bemühen Tausender sudetendeutscher Demokraten um eine gute Zusammenarbeit von Tschechen und Deutschen im neuen tschechoslowakischen Staat wurde durch das Münchner Diktat auf grausame Weise beendet.

….Heute errichten wir wieder demokratische Strukturen, wir bemühen uns, ein demokratisches Bewusstsein zu entwickeln, um so auch die internationale Vertrauenswürdigkeit der Tschechischen Republik zu stärken. Zu diesen Bemühungen gehört unbedingt, dass wir bestrebt sind, … die dramatische Geschichte der Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen wahrheitsgemäß zu beschreiben, zu begreifen, ein neues Kapitel dieser Geschichte aufzuschlagen…..Die Chance, die wir vor uns haben, ist einmalig in der Geschichte, und es ist Aufgabe unserer Generation, sie nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen. Gelingt es uns, so war … die Arbeit von Dr. Ludwig Czech nicht sinnlos.“…

Václav Havels Worte, aktueller denn je.

Wir gedenken heute Dr. Ludwig Czech, der sich bereits vor mehr als hundert Jahren für die Rechte aller Völker im damaligen Österreich-Ungarn einsetzte. Auf dem Parteitag 1919 in Teplice, wo sich die Deutsche Sozialdemokratische Arbeiterpartei gründete, wurde er zum Stellvertreter gewählt, gemeinsam mit Karl Cermak. Josef Seliger wurde Vorsitzender; nach dessen Tod 1920 wurde Czech zum neuen Vorsitzenden gewählt. Immer wieder war er bemüht um eine bessere Zusammenarbeit mit den tschechischen Sozialdemokraten. Und nicht nur das – die deutschen Sozialdemokraten wurden 1929 zur Regierungsbeteiligung aufgefordert. Ludwig Czech wurde als Minister  für soziale Fürsorge nominiert. Nach Hitlers Machtergreifung gab es für Czech kein Gebiet der Fürsorge, das er nicht betreute. Um den Arbeitslosen zu helfen führte er ein System der Lebensmittelanweisungen ein, das als „Czech-Karte“ in die Geschichte einging. Er sorgte sich um Kriegsopfer, um Kinder und Jugendliche.

Zu seinem 60. Geburtstag, am 14. Februar 1930, gratulierte ihm Präsident Masaryk mit den Worten: „ Zu Ihrem 60. Geburtstag wünsche ich Ihnen alles Gute. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und als Minister Geduld. Durch Ihren Eintritt in die Regierung haben Sie zur Annäherung beider sozialdemokratischen Parteien beigetragen. Sie haben beigetragen zur Annäherung beider Nationen, von deren Zusammenarbeit in großem Ausmaß die glückliche Zukunft unserer Republik abhängt!“ – Posthum erhielt Ludwig Czech den Masaryk-Orden.

Worum geht es heute in  Europa? Ist e sübertrieben zu sagen: Es geht um die Verteidigung der Demokratie? – Auch diesbezüglich sagte Masaryk damals: „Demokratie ist nicht nur eine Staatsform, ist nicht nur etwas, das in einer Verfassung wiedergelegt ist. Demokratie ist eine Lebenshaltung, sie erfordert den Glauben an den Menschen und die Menschheit......Demokratie ist Diskussion. Aber eine wirkliche Diskussion ist nur möglich, wenn die Menschen einander vertrauen und sich ernsthaft bemühen, die Wahrheit herauszufinden.“

Henlein überrollte das damalige Sudetenland. Die sudetendeutschen  Sozialdemokraten waren unermüdliche Kämpfer für Freiheit und Demokratie. Unzählige ließen dafür ihr Leben, zahlreiche gingen in die Emigration – in die äußere oder innere Emigration.

Ludwig Czech ging nicht -  trotz eines Visums nach Holland. Mit seiner Frau Lilly wurde er von der Gestapo nach Theresienstadt verschleppt, wo er am 20. August 1942 – heute vor 80 Jahren – verstarb. Es gibt kein Grab – in einem Massengrab wurde er verscharrt.

Wir gedenken seiner und versprechen hier, sein Vermächtnis zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen – damit nie wieder ein Nazi-Unrechtssystem ensteht.

 

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Ich verneige mich vor   / klaním se před

Dr. Ludwig Czech/Doktorem Ludvíkem Czechem

 

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