Jahresseminar 2018 in Bad Alexandersbad

Veröffentlicht am 24.10.2018 in

Hintergrund nach dem Buchcover zu Bruno Frei „Die Matrosen von Cattaro“, Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1927

„Kameraden, das nächste Mal besser!“

Szenische Lesung aus den "Matrosen von Cattaro", untermalt mit „Revolutionsliedern“

Zur Einstimmung des Jahresseminars 2018 präsentierten Dr. Thomas Oellermann und Ulrich Miksch eine szenische Lesung aus den Matrosen von Cattaro, einem Theaterstück von Friedrich Wolf. Untermalt wurden die Beiträge mit „Revolutionsliedern“, dargebracht von Peter Heidler und Herbert Schmid. Die Seliger Gemeinde erinnert damit an das Ende des 1. Weltkriegs und den 100. Jahrestag des Aufstands, an dessen Spitze der Sozialdemokrat Franz Rasch aus Přerov/Prerau in Mähren stand. „Anführer der Matrosen war der Franz Rasch, er musste seinen Einsatz für die Demokratie mit dem Leben bezahlen“, so Thomas Oellermann in seiner Einleitung.

Die Fernwirkungen der revolutionären Demonstration des Januarstreiks 1918 auf die erschöpfte k. u. k. Armee erwiesen sich als durchaus dramatisch und drückten sich in einer Kette von Meutereien aus. Auch unter den Mannschaften der k. u. k. Panzerkreuzer im Hafen Cattaro gärt es. In den Bocche die Cattaro (Kotor/Montenegro), am Fuße des Lovćen gelegen, befand sich die neben Pola zweitwichtigste Marinebasis der Donaumonarchie. Die beiden Panzerkreuzer St. Georg und Karl VI. standen zusammen mit insgesamt 40 Schiffen im Zentrum der spontan ausgebrochenen Revolte. Die unsinnige Fortführung des Krieges, die miserable Verpflegung und die schikanöse Behandlung durch die Offiziere ebenso wie die Diskriminierung dalmatinischer und slovakischer Kameraden machen die Männer unwillig und aufsässig.

Der Maat Franz Rasch, ein deutsch-tschechischer Sozialdemokrat aus Přerov/Prerau in Mähren, kehrt aus dem Urlaub auf die St. Georg zurück und berichtet von den Arbeiteraufständen, die in Wien und an anderen Orten der Donaumonarchie ausgebrochen sind. Ihm und dem Geschützmeister Sisgoric gelingt es, die revolutionäre Stimmung ihrer Kameraden anzuheizen und eine gezielte Aktion einzuleiten, an der alle Schiffe im Hafen von Cattaro beteiligt werden sollen. Eine Resolution der Matrosen, die heimlich von Schiff zu Schiff geht, bereitet die gemeinsame Erhebung vor. Wesentliche Forderungen waren konkret politischer Natur: Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Nationen und sofortiger Friedensschluss aufgrund des 14-Punkte-Programms des amerikanischen Präsidenten Wilson. Aber es ging auch um die Lebenssituation der Matrosen: gleiches Urlaubsrechte für Stab und Mannschaft, gleiche Verpflegung, Abschaffung der Briefzensur oder die Berechtigung, in der Eisenbahn auch in der ersten oder zweiten Klasse zu fahren, um nur einige zu nennen.

Durch einen unglücklichen Zufall wird ein Zettel beim Matrosen Gabler mit dem Wortlaut der Resolution entdeckt. Der Befehl, den Unglücksvogel wegen versuchter Aufwiegelung in die Kasematten von Cattaro abzuführen, wird zum Fanal des Aufstands. Franz Rasch lässt alle Offiziere gefangen nehmen. Am 1. Februar 1918 um 12.00 Uhr feuerte das Admiralsschiff St. Georg einen Kanonenschuss ab und hisste eine rote Flagge. In wenigen Minuten schlossen sich alle 40 Schiffe der Bucht mit rund 6.000 Mann Besatzung an. Im Handstreich reißen die Mannschaften auch auf den anderen Schiffen das Kommando an sich.

Die Antwort erfolgte schnell und klar: Die Meuterei solle sofort beendet werden, andernfalls drohte man mit einem Angriff durch Landbatterien, U-Boote und zur Hilfe beorderter Schiffe.

Da aber Franz sich nicht dazu entschließen kann, die Führung des Aufstands zu übernehmen und weitere Aktionen zu befehlen, vergeht wertvolle Zeit mit endlosen Diskussionen im neu gebildeten Matrosenrat. Als endlich die nötigen Entschlüsse gefasst sind, ist es zum Handeln zu spät. Ein Flottenverband ist aus dem nahen Pola herbeigeeilt und riegelt die Hafenausfahrt von Cattaro ab. Den Matrosen wird ein Ultimatum gestellt.

Angesichts der Gefahr, im gemeinsamen Feuer der Küstenbatterien und der den Hafen belagernden Schiffe unterzugehen, nimmt die Mehrheit des Matrosenrats, nach Zusicherung von Straffreiheit, das Ultimatum an. Trotzdem werden nach der Kommandoübergabe 800 von ungefähr 5000 am Aufstand beteiligten Matrosen wurden verhaftet. Franz Rasch und drei Kameraden wurden im standrechtlichen Verfahren zum Tod verurteilt und am 10. Februar an der Friedhofsmauer von Skaljari erschossen. Die anderen kamen in Italien ins Gefängnis, viele Verfahren kamen zu keinem Abschluss, da zuvor die Monarchie zu Ende ging. Heute weist eine Gedenktafel in der Festung auf Frantisek Ras (Franz Rasch), Jeroko Sizgoric, Mate Brnicevic und Anton Grubar hin.

Auf die höhnische Bemerkung des Leutnants: "Das ist nun das Ende!", antwortet Franz Rasch: "Das ist nicht das Ende, Leutnant, das ist erst der Anfang!" Und kurz vor seiner Erschießung sagt er: „Kameraden, das nächste Mal besser!“

Das Antikriegsstück von Friedrich Wolf (1888-1953) wurde am 8. November 1930 an der Volksbühne in Berlin uraufgeführt. Wolf stützte sich dabei auf die Dokumentationen über den realen Matrosenaufstand in Cattaro, der, wäre er erfolgreich verlaufen, den ganzen Verlauf des 20. Jahrhunderts hätte prägen können. Denn, während in Cattaro der Aufstand ausbrach, verhandelten Österreich-Ungarn, Deutschland, Bulgarien und die Türkei mit dem revolutionären Russland bei den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk. Auch wenn die Matrosen mit ihrem Aufstand gescheitert waren, so befeuerte die Kunde von ihrer Tat allerorten unzufriedene Teile der Bevölkerung. Vor allem in der kommenden Entwicklung spielte der Verweis auf den Aufstand der Matrosen von Cattaro in der politischen Debatte eine nicht unwesentliche Rolle. Kaiser Karl konnte zwar nach dem Aufstand sein Regime noch einmal stabilisieren und den Krieg weiter führen. Es dauerte weitere zehn Monate, bis ein erfolgreicher Matrosenaufstand in Kiel Anfang November 1918 die Revolution in Deutschland einläutete und den Krieg beendete.

Franz Rasch wurde am 9. 12. 1889 in Přerov/Prerau in eine    deutsch-tschechischen Familie geboren. 1895 zog seine Familie dann nach Opava/Troppau. Sein Vater, ein gelernter Schneider, bekam dort eine Stelle als Postbeamter. Höchstwahrscheinlich absolvierte der junge Franz fünf Klassen der deutschen Gemeindeschule und später drei Klassen der Bürgerschule, die er 1903 abgeschlossen hat. Er ging weiter in die Handelsschule, und daneben ließ er sich in einem Eisenwarenladen in Troppau zum Handelsgehilfen ausbilden. Sobald er seine Lehre im Jahr 1905 abgeschlossen hatte, ging er nach Šibenik und schrieb sich dort in eine Schule für Schiffsjungen ein. Die Militärschule dauerte zwei Jahre. Darauf folgte der Militärdienst. Rasch verbrachte die Jahre 1905 bis 1913 auf dem Meer oder auf verschiedenen Marinestützpunkten.

 

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