Forum Alexandersbad

Veröffentlicht am 31.10.2023 in Allgemein

Diskutierten die Frage "Wie weiter in Europa?" – Libor Rouček, ehem. stellv. Präsident des Europaparlaments (li.), Matthias Dornhuber, stellv. Vorsitzender der SPD Bayern (re.) und Moderator Thomas Oellermann (Mitte)

 

„Wenn es bleibt wie es ist, wird es nicht besser!“

Im "Forum Alexandersbad" stellte Thomas Oellermann die Frage: "Wie weiter in Europa?" – Antworten gaben Libor Rouček und Matthias Dornhuber

Zum Abschluss des Herbstseminars 2023 der Seliger-Gemeinde diskutierten im Rahmen des Formats „Forum Alexandersbad“ Libor Rouček, ehem. stellv. Präsident des Europaparlaments und Matthias Dornhuber, stellv. Vorsitzender der SPD Bayern unter der Moderation von Thomas Oellermann die Frage "Wie weiter in Europa?".

Thomas Oellermann stellte zuerst den Politikwissenschaftler und Historiker Matthias Dornhuber vor, der nun seit rund eineinhalb Jahren Mitglied der Seliger-Gemeinde ist. Dornhuber ist seit 2000 Mitglied der SPD, aktuell stellvertretender Vorsitzender der BayernSPD und Kandidat für für das Europaparlament für Mittelfranken. Seinen Gesprächspartner brauchte Oellermann nicht vorzustellen – Libor Roucek ist langjähriges Mitglied der Seliger-Gemeinde und ein gern gesehener Gesprächspartner.

Angesichts des bitteren Wahlergebnisses der SPD bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen am vorherigen Wochenende stellte Thomas Oellermann eingangs die Frage

„Wie weiter mit der Sozialdemokratie in Europa?“

„Mit einigem Abstand und und weniger Emotionen“ ließ Matthias Dornhuber den Wahlkampf Revue passieren. „Im Wahlkampf ist es uns nicht gelungen, mit unseren landespolitischen Themen durchzudringen“, so Matthias Dornhuber. Die Staatsregierung habe in den vergangenen fünf Jahren viele Versäumnisse angehäuft und Fehler gemacht. Aber die politischen Debatten wurden über andere, vor allem bundespolitische Themen geführt. „Ich glaube, wir müssen künftig in diesem Fall stärker und entschieden in die Debatten einsteigen, die den Wahlkampf beherrschen – und gleichzeitig weiter an unserer Fähigkeit arbeiten, eigene Themen zu setzen“, zeigte sich Dornhuber überzeugt. Es gelte die sozialdemokratischen Errungenschaften hervorzuheben – denn vieles, was wir heute als gegeben annehmen, musste hart erkämpft werden und sei keinesfalls selbstverständlich. Der Rechtsruck in Bayern und Hessen sei leider europäischer Normalzustand. Die Zustimmung zur Sozialdemokratie sinke, Nationalisten und Populisten erstarken. Dies bereite ihm Sorgen und Kopfzerbrechen, so Dornhuber weiter. „Wir müssen genau analysieren, was hinter diesem Wahlverhalten liegt, und auch unseren Wahlkampf und unsere Kommunikation überprüfen. Unsere Kandidierenden waren überall in Bayern unermüdlich und engagiert im Einsatz, daran hat es sicher nicht gelegen“, so Dornhubers Fazit.

Für Tschechien sei das bayerische SPD-Ergebnis ja ein Traum, so Libor Rouček in seiner Analyse. Er verwies auf die unterschiedlichsten Ergebnisse in Europa. Während die Sozialdemokraie in Spanien, Skandinavien und Großbritannien aufsteige, falle sie in Tschechien, Deutschland, Italien aber auch Schweden weiter ab. Rouček bemerkte, dass die Sozialdemokratie die Sorgen der Menschen aufgreifen müsse, ihnen soziale Sicherheit bieten – nicht nur davon sprechen. Die Frage sei, warum sich die Menschen unsicher fühlten, warum sie Angst vor dem Bürgergeld hätten... dies alles habe ja politisches Potential, würde aber von anderen Themen überdeckt.

Antworten auf Angst und Verunsicherung

„Die Kombination aus Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat steht seit geraumer Zeit unter Druck – durch den globalen Kapitalismus, Populismus und Autokratien“, stellte Matthias Dornhuber fest. „Wir erleben eine Zeit massiver Veränderungen, die viele Menschen mit Sorge erfüllen. Krieg, Terrorismus, Inflation – das alles mache den Menschen Angst. Es gibt eine Sehnsucht nach einer „guten alten Zeit“, in der die Welt einfacher zu sein scheint“. Aber die Veränderungen würden kommen – und nur wenn wir sie gestalten, brächten sie uns auch Chancen. Die SPDgeführte Bundesregierung biete Sicherheit und entgegne den Herausforderungen mit modernen Lösungen, so Dornhuber.

Angst und Verunsicherung würden aber auch gezielt geschürt, so Libor Rouček. „Alles bleibt so, wie es war“, so der Ansatz der Konservativen, die einen idealisierten Vorzustand beschreien, der so aber nicht Realität gewesen sei – oft werden negative Aspekte wie hohe Arbeitslosigkeit usw. einfach ausgeblendet. Und wer keine Lösung hat, wie die Populisten, der hat eine andere einfache Antwort: „Das stimmt alles nicht!“ – „Die Stimmung ist, wie sie ist“, so Rouček, und hier müssten die Menschen abgeholt werden.

Matthias Dornhuber griff den Aspekt des Handelns nochmals auf: „Wenn wir nichts tun, dann führen die Krisen uns bergab. Und um viele Veränderungen zum Wohle aller zu gestalten, brauchen wir Europa. Für Frieden, Sicherheit im Wandel, Freiheit, Solidarität und Wohlstand“. Die Europäische Union sei der Schlüssel dazu, unser Wirtschafts-, Gesellschafts- und Sozialmodell im 21. Jahrhundert zu bewahren. „Wir brauchen Veränderung und Fortschritt für alle! Wenn es bleibt wie es ist, wird es nicht besser!“

Finanzkrise, Pandemie, Krieg, Energiekrise, Nahost, Demographie, Klima, Wirtschaft, ... Europa habe gut gemeinte Antworten gefunden, zeigte sich Matthias Dornhuber überzeugt. „Es hat sich gezeigt: gemeinsam stark“, ergänzte Libor Rouček und verwies auf die Gegenmodelle in Europa und USA: Trump und Brexit – mit noch mehr Verunsicherung.

Natürlich bedeute eine Koalitionsregierungen Differenzen – oft als Streit kommuniziert  - aber auch Kompromisse. Nur die Opposition biete schnelle Lösung, ihr kann es egal sein ob das auch klappt. Die Gesellschaft würde aber auch immer kompliierter, die Informationen würden komplizierter und die Lösungen würden komplizierter – dies gebe den Europaskeptikern wie Klaus oder Zeman die Möglichkeit weiter Angst zu schüren, ergänzte Libor Rouček.

Und nun: Wahlen zum Europäischen Parlament 2024

Matthias Dornhuber, der bereits auf die Erfahrungen seiner Kandidatur und seines Europawahlkampfes 2019 zurückblicken kann, brennt für Europa. Matthias selbst sagte: „Es kommt auf die SPD an. Wir müssen das Bollwerk sein gegen Populismus und die Ultrarechte in Deutschland und Europa und werden das soziale Europa schaffen!“ Dornhuber forderte eine engere Zusammenarbeit der sozialdemokratischen Parteien über die Landesgrenzen hinweg: „Wir brauchen einen europäischen Konsens für Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat.“ Die Sozialdemokratie müsse zeigen, dass eine sozialdemokratische Europäische Union allen Menschen nütze, auch den Menschen in Deutschland: „Wer unseren Sozialstaat erhalten will, wer unsere Arbeitsplätze mit guten Löhnen, mit Mitbestimmung, mit sozialer Absicherung und mit guten Renten erhalten will – der braucht eine sozialdemokratische Europäische Union. Wer will, dass unsere Wirtschaft umwelt- und artenfreundlich wird und klimaneutral, und dass sie aber gleichzeitig wettbewerbsfähig bleibt, der braucht eine sozialdemokratische Europäische Union.“

Libor Roucek forderte die Menschen in Europa auf, mutig zu sein. Europa sei unsere Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Europäische Union sei der Schlüssel, sie nicht nur zu bewältigen, sondern sie zum Wohle der Menschen zu gestalten und in Chancen für alle zu verwandeln. Mit einem europäischen Mindestlohnsystem, einem abgestimmten System von Grundsicherung und Sozialleistungen, mit gemeinsamen Steuerkorridoren und einer starken Strukturpolitik. Unser Europa schütze die Menschenrechte aller. Unser Europa stelle sich entschieden gegen Nationalismus und Rechtspopulismus und feiere seine Vielfalt und die internationale Zusammenarbeit. Unser Europa sei wirtschaftlich stark – aber unser Europa müsse auch dafür sorgen, dass alle von ihrer Arbeit würdevoll leben können, dass sie für Alter und Schicksalsschläge abgesichert seien. Unser Europa sei ein Europa des Friedens, des Fortschritts und des sozialen Ausgleichs.

2024 stehe nicht nur die Europa-Wahl an, sondern auch Wahlen in den Bundesländern Sachsen, Brandenburg, Thüringen. Beide Diskutanten hoffen, dass die Abwärtsspirale der Sozialdemokratie bald ende und versprachen einen ambitionierten Europawahlkampf.

 

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