Sudetendeutscher Tag 2023

Veröffentlicht am 06.06.2023 in Allgemein

Auf dem Podium: (v.re.) Ko-Bundesvorsitzende Helena Päßler, Markus Rinderspacher, MdL, Moderatorin und Ko-Bundesvorsitzende Christa Naaß, Libor Rouček, MdEP a.D und Volkmar Halbleib, MdL.

 

"Die Kräfte der Freiheit unterstützen“ -

Volkmar Gabert (1923-2003) und die deutsch-tschechischen Beziehungen

Die Podiumsdiskussion als Einzelveranstaltung der Seliger-Gemeinde beim Sudetendeutschen Tag hat schon Tradition und wird auch gerne besucht. So fanden sich auch dieses Mal rund 50 Zuhörer ein, die den Beiträgen lauschten und sich rege an der Diskussion beteiligten. Die Ko-Bundesvorsitzende Helena Päßler begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, insbesondere Rita Schwarzelühr-Sutter MdB, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Ruth Müller, MdL, Generalsekretärin der BayernSPD sowie Bernd Posselt MdEP a. D., Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe. Ihr besonderer Gruß galt den Diskussionsteilnehmer Markus Rinderspacher, MdL und stellvertretender Landtagspräsident, Volkmar Halbleib, MdL und vertriebenenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion sowie Libor Rouček, MdEP a.D. und ehemaliger Vizepräsident des EU-Parlaments sowie frisch gebackener Karlspreisträger.

Wir leben in schnelllebigen Zeiten mit rasanten Entwicklungen. Wir stehen zugleich vor großen politischen Herausforderungen. Politische Strategien und Maßnahmen müssen immer wieder überdacht und in aller Schnelligkeit neu konzipiert werden. Trotz aller politischer Differenzen scheint aber zum Glück in diesen schwierigen Zeiten das gemeinsame Haus der Europäischen Union Bestand zu haben“, stellte Päßler fest und warf den Fragenkomplex der Diskussion in den Raum: „Welchen Beitrag können hierbei die deutsch-tschechischen Beziehungen leisten? Wird Deutschland vor dem Eindruck des Krieges in der Ukraine nun mehr nach Mitteleuropa schauen? und: Wie lassen sich die Beziehungen im Großen und im Kleinen gestalten?“  Diese Fragen sollten behandelt werden in Erinnerung an Volkmar Gabert, den großen sudetendeutschen Sozialdemokraten, der nach 1989 zu einem der Pioniere der deutsch-tschechischen Beziehungen wurde. Dazu umriss Markus Rinderspacher, MdL, umfassend das Leben und Wirken Volkmar Gaberts, bevor die moderierende Ko-Bundesvorsitzende Christa Naaß, mit dem Bezug auf das von Volkmar Gabert stammende Jahresmotto der Seliger-Gemeinde "Die Kräfte der Freiheit unterstützen“, die Diskussion eröffnete.

Deutsch-Tschechischer Dialog – brauchts das heute noch?

Nachdem Markus Rinderspacher in seinem Beitrag die Parallelen zwischen Volkmar Gabert und Libor Rouček („sie haben viel gemeinsam“) herausgestellt hatte, ging die erste Frage an den frisch gebackene Karlspreisträger. Mit Blick auf die gemeinsame Geschichte, die Verwerfungen durch den Zweiten Weltkrieg und die Erfolge der letzen Jahrzehnte, wollte Christa Naaß von ihm wissen, ob es Einrichtungen wie das Deutsch-Tschechische Gesprächforum, dessen Ko-Vorsitzender Rouček ist und weswegen er u.a. den Karlspreis bekommen habe, heute überhaupt noch brauche. Dies bekräftigte Libor Rouček ganz vehement, denn im Deutsch-Tschechische Gesprächforum würden vor allem Vertreter der breiten Öffentlichkeit  - engagierte Bürger, Politiker, Wissenschaftler, Journalisten und Wirtschaftsvertreter - und nicht nur Politiker den Dialog zwischen Deutschen und Tschechen fördern und sich für eine enge und gute Partnerschaft beider Länder einsetzen. Gerade das Deutsch-Tschechische Jugendforum bringe junge Menschen aus Deutschland und Tschechien zusammen. Es biete ihnen den Rahmen, sich konstruktiv mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen aus einer deutsch-tschechischen Perspektive auseinander zu setzen und eigene Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

„Das Elend der politischen Bildung“

Die nächste Frage ging an den „Bildungspolitiker“ Volkmar Halbleib, der mit einer Aussage Gaberts aus dem Jahre 1967 zum „Elend der politischen Bildung“ konfrontiert wurde. Halbleib betonte, dass die BayernSPD schon 1967 die Diskussion um die politische Bildung vor allem an den Schulen aber auch in der Erwachsenenbildung geführt habe. Wie man feststellte musste sich die junge Demokratie erneuten Anfeindungen von Rechts erwehren. Es stellte sich die Frage, so Halbleib, ob die Demokratie ausreichend gefestigt war, um Angriffen von Populisten und Nationalisten auszuhalten. Diese Frage stelle sich ihm und der BayernSPD heute erneut, so Halbleib. Es entspann sich hierzu eine rege Diskussion der Podiumsteilnehmer zu den Themen Wahlalter mit 16, öffentlich-rechtlicher Rundfunk und neue Medien. Schließlich zeigte sich, dass Konsens herrschte in der Forderung die politische Bildung in Deutschland an weiterführenden Schulen und in der Erwachsenenbildung zu stärken und auszubauen. Leider mussten die Diskustanten aber auch feststellen, dass eine institutionelle politische Bildung wie in Deutschland in vielen Teilen Europa, insbesondere den ehemaligen Ostblockländern, völlig fehle.

„Freiheit und Gerechtigkeit bedingen einander“

Den Freiheitsbegriff des Godesberger Programms der SPD von 1959 - „Freiheit und Gerechtigkeit bedingen einander“ – warf Moderatorin Christa Naaß anschließend in die Runde. „Wir denken die Freiheit immer mit, wenn wir von Demokratie reden“, bestätigte Volkmar Halbleib und bemühte den auch von Gabert zitierten Aphorísmus „Nicht Politik verdirbt den Charakter, sondern Charakterlosigkeit die Politik“. Er erinnerte an dessen Abschiedsrede als Landesvorsitzender auf dem Landesparteitag 1972, wo Gabert über sein Politikverständnis sagte: „Ich habe es nie begriffen und tue das auch heute noch nicht, dass Ehrlichkeit, Anständigkeit und Vertrauenswürdigkeit zwar im privaten Lebensbereich als Auszeichnung gelten, in der Politik aber nicht einmal erwartet werden. Wer Schlitzohrigkeit bei einem Politiker als besondere Gabe schätzt, darf sich dann allerdings nicht wundern, selbst hinters Licht geführt zu werden.“ U.a. dafür erntete Gabert zu seinem 75. Geburtstag „große Wertschätzung“ vom tschechischen Präsidenten Václav Havel, ergänzte Libor Rouček.

Klare Kante gegen die Feinde der Demokratie

In der anschließenden offenen Diskussion erklärte Markus Rinderspacher auf die Frage, warum auch die SPD die politische Bildung aus den Augen verloren habe, dass dies, wenn auch traurig, so doch richtig sei. Die Konzentration auf das Wesentlich bei abnehmender Personalstärke in vielen Landesregierungen und das Aufbrechen neuer, wichtiger Themenfelder wie Brexit, Migration, Russland, Afrika, China, … würden den Blick von „kleineren Problemen“ ablenken. Dies sei jedoch, so Rinderspacher, ein grundsätzliches Problem parlamentarischer Arbeit. Peter Barton lenkte den Blick auf die Wahlen in der Slowakei im kommenden September. Hier würde die sozialdemokratische Partei Smer-SD unter Robert Fico, die für Putin und gegen die Demokratie arbeitet, antreten. Auf seine Frage, wie die deutsche und europäische Sozialdemokratie dazu stehe, antwortete ebenfalls Markus Rinderspacher: „Hier zeigt die Sozialdemokratie klare Kante und unterstützt Peter Pellegrini und die Hlas-SD, eine moderate Abspaltung!“ Das habe in der Sozialdemokratie gute Tradition und Rinderspacher erinnerte an Siegmar Gabriel und seine Haltung gegenüber Rumäniens sozialistischem Ministerpräsident Victor Ponta 2015. Gleiches wünsche man sich auch von der Union und der EVP in Sachen Victor Orban oder der postfaschistischen Fratelli d'Italia mit Giorgia Meloni ergänzte Volkmar Halbleib. Peter Becher erinnerte an die Reden des Sudetendeutschen Tages und betonte, dass es nicht an der SL und Seehofer gelegen habe, dass die deutsch-tschechischen Beziehungen so gut seinen, sondern dass die Seliger-Gemeinde und die SPD schon Jahre vorher hierzu die Brücken gebaut hätten.

 

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