Familien in großer Geschichte

Veröffentlicht am 09.08.2022 in Allgemein

Wilhelm und Marie Hölzel ca. 1960 (Foto: Archiv A. Hiemer)

 

Mein Urgroßvater Wilhelm Hölzel

 

Aaron Hiemer ist auf der Suche nach Informationen über seinen Ur-Großvater Wilhelm Hölzel aus Stefansruh (Kreis Gablonz) als er sich an die Seliger-Gemeinde wendet, in der der Ur-Großvater seit der Gründung 1951 Mitglied war. Leider gibt es keine Zeitzeugen mehr in seiner Familie, die etwas zu seinem (politischen Leben) beitragen könnten. Mündlichen Überlieferungen sind wenige vorhanden. Gemeinsam konnte etwas Licht in die Familiengeschichte gebracht werden. Dr. Thomas Oellermann fand Wilhelm Hölzel in seiner Datenbank und einen Nachruf auf ihn in der BRÜCKE. Aufgrund des übermittelten Nachrufs, konnte z.B. das Stadtarchiv Coburg die Arbeit Wilhelm Hölzels im Coburger Stadtrat bestätigen.

 

Wilhelm Hölzel wurde am 12.12.1892 in Stefansruh/Příchovice geboren. Seine Eltern, Johann (Vorarbeiter) und Anna (Hausfrau) Hölzel hatten insgesamt fünf Kinder. Wilhelm besuchte die Volksschule und machte anschließend von 1907 bis 1910 eine Lehre zum Dreher und Metallschlosser. Wanderjahre in Bayern, Sachsen und Schlesien folgten.

 

Wilhelm Hölzel fand frühzeitig in die Sozialistische Jugend (SJ), der er, wie seine spätere Frau, Marie Austel, 1911 als Parteimitglied beitrat.

Im Frühjahr 1914 wurde Wilhelm Hölzel gemustert und stand ab August 1914 für die österreich-ungarische Krone im Feld. Als Korporal erhielt er die silberne Tapferkeitsmedaille und das Verdienstkreuz 2. Klasse. Er war einer der Überlebenden des Schiffsunglücks des Truppentransporters „SS Linz“ im Jahr 1918. In der Nacht vom 18. auf den 19. März 1918 wurde der zum Truppentransporter umfunktionierte Luxusdampfer, heillos überfüllt von Montenegro in Richtung Albanien unterwegs, von einem italienischen Torpedo versenkt. Nur 291 der weit über 1000 offz. (bis zu 2900 geschätzte) Passagiere überlebten. Vom November 1918 bis zum Januar 1919 war er in italienischer Kriegsgefangenschaft.

 

Eine aufrechte Sozialdemokratin war auch die Ehefrau von Wilhelm Hölzel, Marie Austel. Sie wurde am 28.06.1895 ebenfalls in Stefansruh/Příchovice als Tochter des Glasmachers Wilhelm Austel geboren. Die beiden heirateten am 8.11.1919 in Stefansruh. Sie bekamen eine Tochter namens Ilse.

Wilhelm Hölzel arbeitete von 1919 bis 1925 in der Schlosserei Firma Jos. Riedel in Polaun/Desná, danach als selbstständiger Schlossermeister bis 1930 in Stefansruh/Příchovice.

 

Ab 1920 war Wilhelm Hölzel Mitglied der DASP.

 

1930 wechselte er zu den Gaswerken der Stadt Reichenberg. 1931 folgte er Umzug der Familie nach Reichenberg. Wilhelm wurde Mitglied der Gewerkschaft und nach dem Umzug 1934 in die Gablonzerstr. 20, ins Eigentum der Zentralgewerkschaftskommission des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Z.G.K.), dort Hausverwalter. Wilhelm Hölzel war für die DSAP Reichenberg auch als Stadtvertretungsmitglied tätig.

Als Bediensteter der Stadtwerke wurde er 1938 politisch gemaßregelt und entlassen. Am 11.10.1938 erfolgte die Verhaftung aufgrund seiner Tätigkeit als Stadtvertretungsmitglied, Obmann der Metallgewerkschaft, Mitglied der Z.G.K. und Funktionär der Sozialdemokraten durch die Nazis. Nach der Entlassung am 23.12.1938 bekam er aufgrund von Repressalien der Nazis nur noch minderwertige Arbeit.

 

So wurde Wilhelm Hölzel vom Januar 1940 bis Oktober 1940 in der Wollreisserei bei der Firma Ferd. A Klinger in Rosenthal und anschließend bei der Firma Kontakta in Reichenberg als Rundschleifer für Metall bis Kriegsende dienstverpflichtet. In dieser Zeit wurde er vom August 1944 bis 28.12.1944 erneut in Schutzhaft genommen und als Häftling in die Außenstelle des KZ Groß-Rosen in Kratzau gebracht.

 

Nach dem Krieg Wilhelm Hölzel wieder Vertrauensmann für die Gewerkschaft (Z.G.K.) und im Mai 1945 wieder im Gaswerk Reichenberg angestellt. Aufgrund der Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten wurde Familie Hölzel in der neuen Tschechoslowakischen Republik 1945 der Antifaschisten-Status (Ausweis der Tochter liegt vor) erteilt.

 

Doch im März 1946 folgte die Entlassung und die Kündigung der Wohnung durch die Eigentümer sowie der Abtransport von Reichenberg in einem Antifa-Transport über Furth im Walde nach Starnberg. Nach der Vertreibung kamen Marie und Wilhelm Hölzel am 10.05.1946 nach Coburg, wo er sofort wieder für die sozialdemokratische Partei aktiv wurde und sich ehrenamtlich in der Flüchtlingsbetreuung beim Flüchtlingskommissar in Coburg engagierte.

 

Im August 1946 erfolgte die Anstellung im Öffentlichen Dienst als Sachbearbeiter und später im Oktober 1947 als Stellvertreter des Flüchtlingskommissars. Im März 1948 erfolgte der Wechsel zum Geschäftsführer beim Föderverband zur Eingliederung der Flüchtlinge in Coburg.

Im August 1948 wurde Wilhelm Hölzel als Mitglied der „Wahlgruppe der Überparteilichen, Flüchtlinge, Evakuierten und Kriegsgeschädigten“ in den Stadtrat gewählt (bis 1952). Es folgte der Eintritt in die SPD und 1951 nach der Gründung in die Seliger-Gemeinde.

 

Wilhelm Hölzel arbeitete vom Dezember 1951 bis April 1952 als Angestellter beim Arbeitsamt Coburg in der Nebenstelle Kronach, danach ging er in Rente. Trotzdem blieb er Mitglied der Gewerkschaft öffentliche Dienste Transport und Verkehr (ötv).

 

1956 stellte sich Wilhelm Hölzel noch einmal zur Stadtratswahl, konnte aber auf Platz 27 kein Mandat erringen. 1959 zog die Familie nach Schifferstadt/Pfalz.

 

Noch am 11. Dezember 1965 hatte Wilhelm Hölzel an der Landestagung der Seliger-Gemeinde Rheinland-Pfalz zu Ludwigshafen teilgenommen und in beherzigenden Worten einen Appell an die Versammelten gerichtet, auch in Zukunft für ihre Ideale einzutreten. Sein Wirken für die hehren Ideen wurde vom Präsidialmitglied Roman Wirkner durch Überreichung der Dank- und Anerkennungsurkunde und des Ehrenzeichens der Seliger-Gemeinde gewürdigt.

 

Wilhelm Hölzel verstarb am 12. Februar 1966 im Krankenhaus zu Speyer und wurde am Waldfriedhof in Schifferstadt am 16.2.1966 beerdigt

 

Auch Marie Hölzel blieb der SPD treu und wurde 1976 als „ältestes Mitglied der SPD Schifferstadt“ im Rahmen einer Jubilarfeier geehrt. Den Schifferstadter Sozialdemokraten war wohl nicht bekannt, dass Sie bereits in Böhmen 1911 den Sozialdemokraten beitrat.

 

Marie Hölzel verstarb am 24.09.1984 in Dudenhofen, Rheinland-Pfalz.

 

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