Frühjahrsseminar 2019 in Bad Alexandersbad

Veröffentlicht am 15.05.2019 in

Stehen für eine engere Zusammenarbeit gegen den Faschismus – gestern und heute: (v.l.) Susanne Keller-Giger, Bundesvorsitzender Helmut Eikam, Diana Bäse, Rita Hagl-Kehl, MdB und Dr. Thomas Oellermann

 

 

Gemeinsam sind wir stark

Das gemeinsame Eintreten gegen den Faschismus pflegte die Seliger Gemeinde heute, ebenso wie die DSAP in den 1920/30ern

 

Zum Abschluss des traditionellen Frühjahrsseminars der Seliger Gemeinde vom 12. bis 14. April 2019 in Bad Alexandersbad, das den Titel „Gemeinsam stark in Europa, gemeinsam stark für Europa“ trug, stand das gemeinsame Eintreten gegen den Faschismus heute, ebenso wie in den 1920/30ern zur Diskussion. Sonntagfrüh referierte Dr. Susanne Keller-Giger, Buchs/Schweiz über "Karl Kostka und die Deutsche Demokratische Freiheitspartei in der Tschechoslowakei vor dem Zweiten Weltkrieg", die als Partner der DSAP in der Regierung stand und auch gegen den Nationalsozialismus kämpfte. Den Schlusspunkt des diesjährigen Frühjahrsseminars setzte das Koordinierungstreffen der Seliger Gemeinde mit dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, vertreten durch Diana Bäse stellvertretende Vorsitzende des  Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, aus Leipzig. Das Reichsbanner kämpfte, wie die Republikanische Wehr (Rote Wehr), für Republik und Demokratie. Eine engere Zusammenarbeit mit der Seliger Gemeinde bietet sich auch heute an.

 

Karl Kostka und die DDFP

 

Dr. Susanne Keller-Giger, Buchs/Schweiz hat ein Buch über Karl Kostka (1870–1957) und die Deutschdemokratische Freiheitspartei in der Tschechoslowakei der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg verfasst. Keller-Giger, die in Zürich Osteuropäische Geschichte und Slawistik studiert hat, ist Lehrerin und freischaffende Historikerin.

 

Auch die Deutsche Demokratische Freiheitspartei, kurz DDFP (tschechisch Německá demokratická svobodomyslná strana) repräsentierte als politische Partei, wie die DSAP, einen Teil der deutschen Minderheit in der CSR. Die DDFP, die sich in der Tradition des deutschen Liberalismus Österreich-Ungarns und der früheren Deutschen Fortschrittspartei sah, gründete sich im September 1919. Auch sie forderte die Autonomie der Sudetendeutschen, aber war kein radikaler Gegner des tschechoslowakischen Staates. Zu den Wählern gehörten Angehörige der freien Berufe, Intellektuelle sowie viele deutschsprachige Juden. Bei den Parlamentswahlen 1920 trat sie mit einer eigenen Liste an. Später fand sie sich in Listengemeinschaften mit ungarischen und karpatendeutschen Parteien wieder. Mit Aufstieg der Sudetendeutschen Partei (SdP) verlor sie an Bedeutung.

 

Neben den sudetendeutschen Sozialdemokraten und Kommunisten gehörten auch die Liberalen der Deutschen Demokratischen Freiheitspartei zu den Gegnern des Nationalsozialismus, was ihnen nach dem Münchener Abkommen Flucht und Verfolgung einbrachte. Zu den führenden deutschen liberalen Politikern gehörte Karl Kostka. (* 5. Mai 1870 in Niemes, Österreich-Ungarn, sudetendeutscher Herkunft, als Volkswirtschaftler Obmann des Verbandes der Kunstblumenfabrikanten, führendes Mitglied der Deutschen Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft (DAWG) und Mitbegründer des Sudetendeutschen Wahlblocks (SdWB). Diese Parteien und Interessengruppen vertrat er als Abgeordneter und später als Senator im Parlament.)

 

Mit ihrer Monografie über Karl Kostka (1870–1957) würdigt die Susanne Keller-Giger die außerordentlichen Leistungen des ehemaligen Liberecer Bürgermeisters (1929-1938) und des Mitbegründers der Deutschdemokratischen Freiheitspartei. Für diese saß Kostka im Parlament und war ihr letzter gesamtstaatlicher Präsident bis zum Frühjahr 1939. Der Vortrag von Susanne Keller-Giger vermittelt einen Einblick in das letztlich erfolglose Ringen der kleinen Partei um eine Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen in der ersten Tschechoslowakischen Republik. Als Kostka 1929 Bürgermeister von Reichenberg/Liberec wurde, erhielten nach fast 40 Jahren deutschnationaler Führung aktivistische Kräfte, die dem tschechoslowakischen Staat grundsätzlich wohlgesonnen waren, die Mehrheit im Rathaus. Kostka hat sich stets für eine Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen eingesetzt. Er bemühte sich um eine Modernisierung der Stadt und um eine bessere Zusammenarbeit der demokratischen tschechischen und deutschen Kräfte während des Zusammenbrechens der traditionellen Absatzmärkte für die Reichenberger Industrieprodukte.

 

Zermürbt durch Anfeindungen nationalsozialistischer Kräfte trat Kostka 1938 zurück. Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen nach dem Münchner Abkommen in die Tschechoslowakei am 15. März 1939 nahm das Schicksal Karl Kostkas und seiner Familie ihren Lauf. Seine Pensionszahlungen wurden zunächst ganz eingestellt, später um 60 Prozent gekürzt. Es folgten Verhöre durch die Gestapo. In Berlin und Reichenberg wurden Verfahren gegen ihn angestrengt. Seine Frau wurde 1945 auf dem Weg in die Internierung getötet. Dank dem Eingreifen des Büros von Präsident Edvard Beneš konnten Kostka und die übrigen Mitglieder der Familie am 20. Mai 1945 in ihre Prager Wohnung zurückkehren. Dort lebte Kostka mit seinen Kindern bis zu seinem Tod im Jahr 1957 isoliert und fast vergessen in Prag.

 

Susanne Keller-Giger hat über Karl Kostka mit ihrem Vortrag (und mit ihrem Buch in tschechischer Sprache) aus der Vergessenheit zurückgeholt.

 

"Gemeinsam für Demokratie und Freiheit in Europa"

 

Den Schlusspunkt des diesjährigen Frühjahrsseminars setzte das Koordinierungstreffen Seliger-Gemeinde mit dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, vertreten durch Diana Bäse stellvertretende Vorsitzende des  Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Leipzig. Die eingeladenen Vertreter des Bundes Freiheitskämpfer Österreich und dem Arbeitskreis ehemals verfolgter und inhaftierter Sozialdemokraten mussten sich leider entschuldigen.

 

Im Mai 2019 finden Europawahlen statt und es besteht die Gefahr, dass viele nationalistische und populistische Parteien massiv ins Europaparlament einziehen werden. Die Seliger-Gemeinde steht in der Tradition des Kampfes gegen Nationalismus und Nationalsozialismus. Ihr Ziel ist es, solchen Entwicklungen auch heute entgegenzuwirken. Ein Mittel in diesen Bestrebungen ist die Vernetzung mit vergleichbaren Organisationen im europäischen Ausland. Zusammen soll darüber diskutiert werden, wie gemeinsame Antworten auf den Aufstieg von Nationalisten und Populisten aussehen können. Die Sudetendeutschen mit ihrer historischen Erfahrung haben eine besondere Verantwortung in der europäischen Gegenwart. Nach inhaltlicher Diskussion wurde folgende Resolution der beteiligten Organisationen verabschiedet:

 

 

 

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