Frühjahrsseminar 2017 - Teil 3

Veröffentlicht am 14.05.2017 in

Thomas Oellermann(li.) moderierte das Gespräch mit dem Journalisten Ulrich Miksch (Mitte) mit dem Journalisten und Historiker Jan Šícha zur Medien-Landschaft in Tschechien.

 

Tschechische Medien im Wahljahr 2017/18

Jan Šícha fordert eine Re-Politisierung der tschechischen Medien

Beim letzen Programmpunkt des Frühjahrsseminars 2017 „Nachbar Tschechien – Zukunft mit Tschechien“ sprach Ulrich Miksch mit dem Journalisten Jan Šícha aus Prag über die Medienlandschaft in der Tschechischen Republik. Als Historiker konnte Šícha einen umfassenden Überblick zur Entwicklung der Presse seit den Anfängen im 19. Jahrhundert bieten. Der Referent präsentierte dazu eine ironisch-pointierte Darstellung der tschechischen Presselandschaft von heute.

Jan Šícha stellte gleich eingangs klar, was er von den tschechischen Medien hält: „Wenn ich mich informieren möchte, lese ich deutsche oder englische Zeitungen!“ Er brachte es mit einem Vergleich auf den Punkt: „Der österreichische Standard ist gedruckter Wiener Kaffee – die tschechischen Medien sind wie schlechter tschechischer Kaffee, ohne Zucker, ohne Sahne und ohne ein Glas Wasser dazu“. Die neugewonnene Freiheit wurde vor allem in der Medienbranche sehr einseitig interpretiert: „Die Konsumenten wollen nicht mehr belehrt werden, sonder sie wollen unterhalten sein“, so Šícha. Lediglich gebildete Menschen bevorzugten eine Wirtschaftszeitung namens Hospodařské noviny, ein ähnliches Magazin wie der deutsche Spiegel sei die Wochenzeitschrift Týden.

Der Referent nennt dies provozierend die „Vollendung der Reinhard-Heydrich-Presse“. Šícha kritisiert das Niveau der Presse, aber vor allem die privaten Fernsehsender. „Ohne politischen Inhalt wird vor allem auf Unterhaltung gesetzt. Die Zeitungen und Gratis-Blätter glänzen mit ausführlichen Berichten zum Gärtnern oder anderen Haushaltsthemen. Selbst die Pražský Deník, die umgerechnet 28 Cent kostet, arbeitet nicht mit Agenturgeschichten, sie wird zusammen mit den anderen Regionalblättern von einer großen Hauptredaktion und ´Satellitenredaktionen´ gemacht. So kommt es auch, dass die tschechischen Regionalzeitungen gar nicht mehr richtig regional seien. Es sei eher eine große Zeitung mit leicht veränderten örtlichen Ablegern.

Die privaten Fernsehsender, die sich eigene Auslandskorrespondenten und Kommentatoren sparten, brächten dafür ausgedehnte Berichte mit inhaltslosen Straßen-Interviews zu Alltagsereignissen, wie dem „plötzlich einsetzenden Schneefall oder Fälle von Kleinstkriminalität“, erklärt Jan Šícha weiter. In Tschechien sei der Verfall der Qualität keine langsame Entwicklung gewesen, in Tschechien geschah dies schlagartig

Der Referent bemängelt dabei eine aufgesetzte Pseudo-Ausgeglichenheit: „Fünf Minuten für ´Herrn Hitler´ und fünf Minuten für ´Herrn Juden´ und die Welt ist in Ordnung“. So etwas, wie eine eigene Position gebe es gar nicht, denn für das deutsche Wort „Deutungshoheit“ gebe es keine tschechische Entsprechung, so Jan Šícha. War vor der ´Samtenen Revolution´ der ´Kommunismus ohne Adjektiv´ Programm, so wurde nach 1989 der ´Kapitalismus ohne soziale Empathie` (=Turbo-Kapitalismus) zur Option. So wurde erst nach dem Protest, vor allem in linken Medien, zum Thema Flüchtlingsaufnahme die Pauschalierung einer „gefährlichen Gruppe der Flüchtlinge“ hin zur Darstellung von Einzelschicksalen verändert.

Jan Šícha sieht das Hauptproblem in der fehlenden Grundmeinung, die für ihn als linken Journalisten im Humanismus liege. Diese manifestierte Grundmeinung kann dann durch  entsprechende Zitate untermauert werden. In Tschechien fehle dieser Humanismus weitgehend aufgrund der vom Kommunismus geprägten Vergangenheit und der  turbokapitalistischen Gegenwart. Šícha fordert einen neuen Gesellschaftsentwurf, basierend auf sozialdemokratischen und freiheitlichen Werten im Sinne der Arbeiterbewegung.

Šícha machte anschließend deutlich, was er von der Aussage ´Lügenpresse´ und den Ansichten der Populisten hält: „Nichts, denn die Presse gehört zum funktionierendem System, also zum Establishment und das ist auch gut so“. Jan Šícha befürchtet, alles in allem, ein „Herunterziehen des Niveaus der öffentlich-rechtlichen Medien“. Ziel der Privatmedien sei es, die Werbung dort gänzlich zu verbieten und den Öffentlich-rechtlichen nur geringe Gebühren zuzugestehen. Damit wären diese schlichtweg marginalisiert.

Um die Qualität der tschechischen Medien zu verbessern, schlägt Jan Šícha eine Stiftung, wie die FAZ-Stiftung vor, um unabhängigen, guten Journalismus anbieten zu können, denn „ein demokratisches Volk hat darauf ein Anrecht“. Šícha fordert eine Re-Politisierung der tschechischen Medien. Der Referent nennt Deutschland ein „Vorbild auf noch hohem Niveau“, dass aber zusehends stark abnehmen würde. Šícha verweist in diesem Zusammenhang auf das Angebot des Privatsenders RTL mit seinen unsäglichen Sendeformaten.

Auch die zunehmende Digitalisierung sieht Jan Šícha kritisch. Sie zersplittere die öffentliche Meinung. „Es gibt keinen Gruppengedanken mehr. Jeder Idiot hält seine Meinung für relevant, und muss sie ungeniert verbreiten“. Dazu kämen russische Internet-Attacken, zunehmend rechtes Gedankengut oder einfach blanker Unsinn. Viele Nutzer würden nur noch die Kommentare lesen, nicht mehr die inhaltlich relevanten Artikel, so Šícha.

Ein großes Medienthema in Tschechien sei der Kauf der Medienhäuser durch Oligarchen wie Andrej Babiš und ihr Einfluss auf die (Medien-)Politik. „Ist es in Ordnung, dass die reichsten Leute im Land einflussreiche Medien besitzen?“ fragt Jan Šícha das Publikum. Einverständnis bestand darin, dass es nicht passieren sollte, dass ein Politiker durch seine eigenen Medien seine Interessen durchsetzt. „Die Leser, Zuschauer oder Zuhörer sind heute wenig kritisch. Sie denken nicht so viel über den Medieninhalt nach. Sie sind mehr in der Rolle der passiven Konsumenten“, gibt Šícha zu bedenken, denn die meisten Nutzer könnten sehr schlecht zwischen einer objektiven Information und einer subjektiven Meinung unterscheiden. Deshalb sei es wichtig ist, die Debatte rund um dieses Thema weiter zu führen.

 

Entwicklung der Medien in Tschechien seit dem 19. Jahrhundert


Man kann die Geburt der tschechischen Presse mit der ersten Tageszeitung Národní Noviny (Nationalnachrichten) um 1848 ansetzen. Von den ersten Massenmedien im 19. Jahrhundert zur modernen Mediengesellschaft des 21. Jahrhunderts war ein weiter Weg. Die Politisierung der europäischen Gesellschaften und die Entwicklung moderner Massenmedien beförderten einander wechselseitig. Erst die Schaffung öffentlichkeitswirksamer Medien gestattete es den politischen Gruppierungen, den engen Kreis lokaler patriotischer Gesellschaften zu überschreiten, auch wenn die staatliche Zensur viele „weiße Flecken“ in den Blättern hinterließ. Für viele Leser war dies ein ganz besonderes Qualitätsmerkmal, wie Jan Šícha feststellte. Der Bezug einer bestimmten Zeitung war nicht allein Ausdruck des Informationsbedürfnisses der Leser, sondern oft auch nationales Bekenntnis und politisches Signal. Somit war es für die Parteien existentiell, eine doch relativ kostenintensive Zeitung oder Zeitschrift finanzieren zu können. Tschechien befindet sich im Umbruch: die „nationale Wiedergeburt“ wird bis 1918 andauern und in der Gründung der Tschechoslowakei enden.

In der ersten Tschechoslowakische Republik zeigte sich die zeitgenössische deutsche Presse als mächtiger – und zugleich ohnmächtiger – Faktor der Politik: die ablehnende Berichterstattung der deutschen Regionalpresse in Westböhmen gegenüber dem deutschen Regierungsaktivismus seit 1926 trifft auf ein diffuses Gemisch aus „Tschechisierungs“-Ängsten, politischer Konzeptlosigkeit und mangelndem Wissen. Dies führte zu einem raschen Aufstieg der tschechischsprachigen Presse, die die deutschsprachige durch informative, intellektuelle und liberale Beiträge zahlenmäßig bald überholte und immer weitere soziale Schichten erreichte.

Dass Aufklärung nicht notwendigerweise zu politischer Einsicht führen muss, zeigt die Zeitung Der Sozialdemokrat mit einer letztlich weitgehend wirkungslos gebliebenen Gegenöffentlichkeit. Der Sozialdemokrat, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, mit mitunter drastisch präsentierten Fakten über das nationalsozialistische Deutschland zu informieren, wurde von der rasch zum Leitmedium avancierenden SdP-Schrift Die Zeit völlig verdrängt, was sich zum einen durch den gewaltigen Drucks erklären lässt, den SdP-Funktionäre auf die deutsche Bevölkerung ausübten und zum anderen durch die Möglichkeit, den Nationalsozialisten Loyalität zu signalisieren, ohne gleich der Partei beizutreten.

Während der Besetzung des Landes durch Nazideutschland wurden die Medien stark kontrolliert und zu Propagandazwecken genutzt. Bis zur Machtergreifung der Kommunisten konnte sich die kommunistische Presse vor allem durch junge, dynamische und gutausgebildete Journalisten gegen über den verkrusteten sozialdemokratischen und konservativen Medien einen Vorteil erarbeiten.

Auch nach der Machtergreifung der Kommunisten 1948 wurden die Medien starker staatlicher Regulierung unterworfen, weswegen es nur staatlich geführten Rundfunk und ebenfalls überwachte Presse gab. Bis 1968 machte Jan Šícha einen „Schlaf der Qualität“ aus, neben Proklamationen der KP war „nur noch der Sport aktuell“. Am besten konnte man die großformatigen Zeitungen als Abdeckmaterial beim Wände streichen gebrauchen.


Ein wichtiger Schritt, auch in der Medienpolitik, war die „Samtene Revolution“ von 1989. Nach der brutalen Unterdrückung einer Studenten-Demonstration gingen 750.000 Menschen auf die Straße. Sie erzwangen freie, demokratische, parlamentarische Wahlen. Das folgende demokratische System und die Trennung Tschechiens von der Slowakei hatten eine Umwälzung in allen Lebensbereichen, insbesondere auch der Medien zur Folge.

 
Stellvertretend für viele: Der Schriftsteller, Journalist, Herausgeber und Politiker Pavel Tigrid

Beispielhaft für die Nöte der tschechischen Zeitungsmacher in den Jahren 1938 bis 1990 führte Jan Šícha den Schriftsteller, Journalist, Herausgeber und Politiker Pavel Tigrid (Pavel Schönfeld) an.

Dieser gilt als einer der wichtigsten Vertreter des tschechischen Exiljournalismus. Gegen Ende der 1930er Jahre studierte er Jura an der Karls-Universität. In dieser Zeit gründete er die Theatervereinigung Mladé Divadelní kolektiv und gab die studentische Zeitschrift Studentský Časopis heraus. 1939, infolge der Machtübernahme durch die Nazis, floh er nach London, wo er zunächst Lagerist und Kellner war. Als Mitarbeiter bei tschechischen antifaschistischen Sendungen der BBC nahm er das Pseudonym Pavel Tigrid an, das er bis zu seinem Lebensende beibehielt. In London schrieb er zudem Beiträge in verschiedenen Zeitschriften, darunter Kulturní zápisník (tschechisch, slowakisch und englisch) und Review 42 (englisch).

Nach Kriegsende kehrte er in die Tschechoslowakei zurück, wurde Mitarbeiter im Außenministerium und in der Presse der tschechoslowakischen Christdemokraten. Er schrieb für die Zeitungen Lidová demokracie und Obzory und war Chefredakteur der Wochenzeitschrift Vývoj. Nach dem Kommunistischen Umsturz im Februar 1948 floh er nach Westdeutschland, wo er sich an der Gründung von Radio Free Europe beteiligte und die Sendungen leitete, die in die Tschechoslowakei ausgestrahlt wurden. 1952–1960 lebte er in den USA.

1956 gründete Tigrid die Zeitschrift Svědectví („Zeugenaussage“) mit tschechischen und slowakischen Beiträgen, die zunächst in den USA gedruckt wurde, von 1960 bis 1990 in Frankreich und ab 1990 in der Tschechischen Republik erschien. Er wurde zu einem der wichtigsten Sprecher des tschechoslowakischenExils, das sich insbesondere aus zwei großen Auswanderungswellen zusammensetzte: die erste nach der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 und die zweite während der sogenannten Normalisierung im Anschluss an den Prager Frühling von 1968.

Nach der Samtenen Revolution kehrte Tigrid nach Prag zurück. Von 1989 bis 1992 war er Berater von Präsident Václav Havel, von 1994 bis 1996 unter Ministerpräsident Václav Klaus tschechischer Kulturminister. 1996 kandidierte er erfolglos für die tschechischen Senatswahlen, war 1997–1998 Berater des Präsidenten für die tschechisch-deutschen Beziehungen und zog dann nach Frankreich, wo er 2003 in Héricy bei Paris starb.

 

Der Zeitungsmarkt in Tschechien ab 1989

Die Medienentwicklung nach 1989 läutete die strukturellen Veränderungen der tschechischen Presselandschaft nach dem Ende des Staatssozialismus ein und hatte die überaus starke Kommerzialisierung von Zeitungen und Fernsehen zur Folge. Zum einen wurde frühzeitig (1991) die Meinungs- und Pressefreiheit festgeschrieben, zum anderen wurde die tschechische Planwirtschaft radikal privatisiert. Tschechien öffnete sich  für private ausländische Investoren. Deshalb dominieren deutsche Verlagshäuser den Zeitungsmarkt und international agierende Medienunternehmen den Fernsehsektor. Auch die Verstaatlichung des Fernsehens und Radios im Sozialismus führten zu einer administrativen Trennung dieser beiden Medien.

2008 standen hinter einem großen Teil der tschechischen Tagespresse deutsche Verlage. So verlegte Ringier Axel Springer CZ das Bild-Pendant Blesk. Bereits die neun größten Zeitungen deckten circa zwei Drittel des gesamten Zeitungsmarktes ab, circa 30 Prozent bildeten die regionalen und lokalen Tageszeitungen – die meisten zusammengefasst als Deník des Verlages Vltava-Labe-Press (Moldau-Elbe-Verlag). Dieser Verlag gehörte zu 80 Prozent dem Passau Verlag – somit war auch die regionale Berichterstattung in ausländischem Besitz. Der Einzugsbereich der Passauer Verlagsgruppe erstreckte sich derzeit vom ostbayerischen Raum nach Tschechien, weiter über die Slowakei und hoch nach Polen.

Lediglich zwei linksorientierte Zeitungen sind in tschechischem Besitz. Die Mladá fronta dnes ist der Nachfolger der früheren Tageszeitung der sozialistischen Jugendorganisation Mladá fronta, die 1990 verschwand und nach Blesk die meistverkaufte Tageszeitung. Die Halo noviny und die Lidové Noviny sind ebenfalls zwei der wenigen Zeitungen, die dem ökonomischen Druck standhalten konnten.

Oligarchen machen Zeitung

Nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 zogen sich die deutsche Verlage zunehmend zurück. Tschechische Geschäftsleute – Oligarchen, wie sie kritische Stimmen bezeichnen – witterten ihre Chance. Konkrete Beispiele sind: Andrej Babiš, Zdeněk Bakala oder Daniel Křetínský.

Seitdem der heutige Finanzminister Andrej Babiš im Sommer 2013 die Mediengruppe Mafra übernommen hat, entwickelt die tschechische Medienlandschaft eine neue Dynamik. Babiš erinnert an den italienischen Politiker und Unternehmer Silvio Berlusconi, der in Italien ein riesiges Medienimperium gründete (Mediaset). Durch dieses Imperium hatte Berlusconi als Ministerpräsident Italiens in unterschiedliche Zeiträumen von 1994 bis 2011 großen Einfluss auf die Politik.

Auch die Verlagsgruppe Passau verließ den tschechischen Zeitungsmarkt. Sie verkaufte ihre Tochter Vltava-Labe-Press (VLP) an den tschechisch-slowakischen Finanzinvestor Penta. Penta übernimmt damit die Denik-Blätter, die bedeutendsten Regionalzeitungen in Tschechien mit einer Gesamtauflage von bis zu 460 000 Exemplaren. Die Penta-Holding ist in den Bereichen Gesundheit, Einzelhandel, Immobilien und Finanzdienstleistungen aktiv.

 

Die journalistischen Protestbewegung

„Journalism can never be silent“, Journalismus kann niemals schweigen. So lautet das kämpferische Motto des Magazins Echo. Von März bis Oktober 2014 war es zunächst ausschließlich online abrufbar, seit November 2014 erschien jede Woche eine neue Ausgabe in gedruckter Form. Echo ist nur eine von mehreren Neugründungen des vergangenen Jahres auf dem tschechischen Medienmarkt.

Die Echo-Gruppe um Balšínek ist das bislang aufsehenerregendste Resultat der journalistischen Protestbewegung. Echo profiliert sich vor allem durch Kommentare und Analysen aus Politik und Wirtschaft. Investigativen Journalismus wollen sie anderen überlassen, zum Beispiel der Redaktion von Reportér. Die Macher des seit September 2014 monatlich erscheinenden Reportage-Magazins und der dazugehörigen Internetseite sind zu einem großen Teil Journalisten, die zuvor für die Zeitung Mladá fronta Dnes recherchierten – inklusive ihres ehemaligen Chefredakteurs Robert Čásenský.

Neben den beiden inhaltlich und formal eher traditionellen Magazinen gibt es zwei weitere Projekte, die für Impulse in der hiesigen Medienlandschaft sorgen könnten: Der Non-Profit-Newsdesk Hlídací pes (auf Deutsch: „Wachhund“) will nach dem Vorbild der US-amerikanischen Plattform ProPublica den aus wirtschaftlichen Gründen vernachlässigten Investigativjournalismus und die Kontrollfunktion der Medien gegenüber der tschechischen Politik stärken.

Aus ganz ähnlichem Grund ging Free Czech Media mit einer Internetseite an die Öffentlichkeit. Die Gruppe von Journalisten und Akademikern um Pavel Šafr, ehemals Chefredakteur des Wochenmagazins Reflex, setzt sich vor allem für die Unabhängigkeit der Medien von politischer Einflussnahme ein.

Auch Jan Šícha ist mit dem linken Internetportal denikreferendum (www.denikreferendum.cz) bei dieser journalistischen Protestbewegung mit dabei.

Der Onlinemarkt Tschechiens boomt, ist aber dennoch relativ gering. Dies liegt an der Entwicklung und Verbreitung des Internets. Mitte der 90er wurde der Ausbau nur langsam und schleppend vorangetrieben und Internet wurde auch nur von der Tschechischen Telekom angeboten – zu sehr hohen Preisen. Hinzu kommt, bedingt durch die geringe Kaufkraft Tschechiens. Im März 2013 wurde mit 6,7 Mio. Besuchern ein vorläufiger Höchststand an Internetbesuchern festgestellt, der Ausbau geht kontinuierlich weiter.

 

Deutschsprachige Zeitungen

Bereits kurz nach der ´Samtenen Revolution´ entstand die Idee, in der Tradition des Prager Tagblatts der 20er und 30er Jahre wieder eine deutschsprachige Zeitung in der tschechoslowakischen Hauptstadt zu gründen. Trotz einiger Mühe und Skepsis gelang es, offizielle Stellen in Prag, Bonn und Wien von dem Projekt zu Überzeugen. Im Herbst 1991 wurde der Redaktion finanzielle Hilfe zugesprochen. Ein paar Monate später war es dann soweit: am 5. Dezember 1991 erschien die erste Ausgabe der wohl bekannteste deutsche Zeitung, der Prager Zeitung und etablierte sich schnell als wichtiger Mittler zwischen Deutschen und Tschechen. Sie erschien wöchentlich und wurde von der „Prago Media“ herausgegeben. Das Wochenjournal informierte über Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport. Die Zeitung erschien mit einer Auflage von 25000 Exemplaren. Ihr Ziel war es, frei von jeglicher Ideologie über Politik aus Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen zu berichten. Dabei verstand sich die Prager Zeitung nicht nur als Beobachter, sondern auch als Mitgestalter. Sie gewährte einen Einblick in die tschechische Gesellschaft und bot Informationen über den tschechischen Alltag.

Zunächst gelang es, der Prager Zeitung das Statut einer Zeitung der deutschen Minderheit zu verschaffen und dadurch Zuschüsse aus dem Staatshaushalt zu erhalten. Davon leben konnte die Prager Zeitung nicht. Auf der Suche nach Investoren fanden sich zwei Unternehmer aus der ostbayerischen Werbe- und Tourismusbranche, die das langfristige Überleben des Blattes sichern sollten. 1992 wurde die "Prago-Media GmbH", seither Herausgeber der Prager Zeitung, gegründet. Mitte der 90er stieg die Zeitung auf freie Marktwirtschaft um.

Die Zeitung arbeitete schließlich mit sieben Redakteuren im Stadtteil Vinohrady, mit Korrespondenten in Deutschland, Osterreich, Polen, Ungarn und der Slowakei. Bestand die Redaktion hauptsächlich aus Deutschen, so wurde die Grafik von Einheimischen gestaltet. In der Anzeigen und Vertriebsabteilung saßen ebenfalls fast ausschließlich Tschechen. Die internationale Zusammensetzung des kleinen Unternehmens trug auch zur praktischen Versöhnungsarbeit bei. Die Schule der Prager Lokalberichterstattung leistete im kleinen was Staatserklärungen oftmals nicht können: das Leben des Nachbarn kennen und verstehen lernen.

Die Prager Zeitung erschien am 22. Dezember 2016, nach 25 Jahren, zum letzten Mal. Branchenkenner vermuten, dass finanzielle Gründe eine Rolle gespielt haben.

Die Zeitung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, die ehemalige Landeszeitung entstand 1994. Heute nennt sie sich Landesecho und erscheint alle vierzehn Tage mit einem Umfang von je zwölf Seiten. Ziel ist die Darstellung und Selbstdarstellung der deutschen Minderheit in der CR und Vertretung ihrer Interessen. Förderung der Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur, besonders innerhalb der deutschen Minderheit. Das Landesecho gilt als Organ der deutschen Bürger in der Tschechischen Republik. Man erhält sie an nahezu jedem Zeitungskiosk in Prag und findet sie auch in EC-Zügen, die zwischen Tschechien und Deutschland verkehren, sowie auf Flügen von Prag nach Frankfurt. Herauszuheben ist ihre Mitarbeit bei der Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen bzw. Tschechen und Sudetendeutschen.

 

Die tschechische Fernsehlandschaft

Die tschechische Fernsehlandschaft besteht aus 4 landesweit ausgestrahlten Programmen (CT1, CT2, TV Nova und TV Prima), 12 lokalen Fernsehsendern, die sich die Frequenz mit TV Prima teilen, und vielen digitalen Satellitenangeboten wie Ócko (Musiksender, 2002), Galaxie Sport (2002), Z1 (Nachrichten, 2008) und TV Barrandov (2009). TV Nova gehört zu der amerikanischen Gruppe Central European Media Enterprises (CME), welche u.a. in Rumänien, Slowakei und Kroatien weitere Fernsehsender betreibt. Prima wird von der Prima TV Holding betrieben, welche seit 2005 zu jeweils gleichen Teilen der tschechischen Investmentgruppe GES und der skandinavischen Modern Times Group (MTG) gehört

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen Česká televize (CT) besteht aus sechs Programmen. Die beiden Hauptsender sind CT1 und CT2. Seit Mai 2005 läuft der Nachrichtenkanal CT24 (digital), Anfang 2006 kam ein weiteres digitale CT-Programm zum Thema Sport hinzu: CT Sport. Das neueste digitale Angebot CT :D ist für Kinder.

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen wird durch Fernsehgebühren bezahlt, die jeder Haushalt zahlen muss. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen liegt bei den Einschaltquoten deutlich hinter dem privaten Sender TV Nova.


Das tschechische Radio

Während bei den Zeitungen immer weniger Leser zu verbuchen sind, kann das Radio seine Hörerschaft trotz kleiner Schwankungen relativ stabil halten und sogar noch an Hörern gewinnen.

Československý rozhlas nahm seinen Betrieb am 18.05.1923 auf und wurde dann 1991 zum Český rozhlas (Tschechisches Radio).

Das tschechische Radio ist wie das Fernsehen dual organisiert. Český rozhlas, das öffentlich-rechtliche Radio, betreibt 21 Radiosender, wovon vier landesweit und vier ausschließlich digital oder über das Internet zu empfangen sind. Mit ausschließlich digitalen Angeboten – D-Dur, Rádio Česko, Rádio Wave und Jazz – versucht Český rozhlas die Angebote möglichst zeitgemäß und vielfältig zu halten. Alle Sender verfügen über einen Livestream im Internet.

Die restlichen Sender können nur regional empfangen werden. Mehr als 65 Radiosender werden von privaten Unternehmen geführt, vier senden landesweit.

Der Radiomarkt wird von privaten Sendern Rádio Impuls, Frekvence 1 und Evropa 2 angeführt. Zusammen kommen sie auf einen Marktanteil von ca. 32 Prozent – die landesweit sendenden Öffentlich-rechtlichen hingegen nur auf 14,4 Prozent.

Country Radio ist der größte Sender, der nur regional sendet. Die hohe Einschaltquote von 8,5 Prozent lässt sich durch das bevölkerungsreiche Sendegebiet erklären: Mittelböhmen und Prag. Hier wird nach eigenen Angaben u.a. Country, Folk, 60er Popmusik, klassischer Rock’n’Roll und spiritueller Gospel gespielt, wobei die Lieder zu 70 Prozent von tschechischen und nur 30 Prozent von ausländischen Interpreten kommen.

 

 

 

 

 

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