seliger-online 16.11.2023 - Abendschule

Veröffentlicht am 23.11.2023 in Allgemein

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Die deutsche Arbeiterbewegung in Polen und Sozialdemokraten aus den polnischen Gebieten in den Reihen der Seliger-Gemeinde

Abendschule zu den Grundlagen der Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokratie

 

Im Anschluss der seliger-online-Veranstaltung am 16.11. präsentierte Thomas Oellermann in der „Abendschule“ zu den Grundlagen der Geschichte der sudetendeutschen Sozialdemokratie das Thema „Die deutsche Arbeiterbewegung in Polen und Sozialdemokraten aus den polnischen Gebieten in den Reihen der Seliger-Gemeinde“.
 

„Heute geht es um eine Schwester-Bewegung der sudetendeutschen Sozialdemokratie“, eröffnete Thomas Oellermann seine Ausführungen zur Sozialdemokratie in Polen. Mit Gründung der polnischen Republik 1918 hat Polen ungefähr eine Million deutsche Bürger mit einer entsprechenden Arbeiterbewegung zugeschlagen bekommen. „Die Struktur dieser Arbeiterbewegung ist aber relativ kompliziert“, führte Thomas Oellermann aus. So differenziert wie das Staatsgefüge in ihren räumlichen und ethnischen Bereichen war, so differenziert gestaltete sich auch die Arbeiterbewegung.

So gründete sich am 19. Januar 1922 in Lodz/Łódź die Deutsche Arbeiterpartei Polens (DAP), die überwiegend in Mittelpolen, in den ehemals russischen Gebieten tätig ist. Im Gegensatz dazu, schließen sich ebenfalls 1922 die ehemaligen deutschen SPD-Ortsvereine in Ost-Oberschlesien, das an Polen gefallen ist, mit den ehemaligen österreichischen Sozialdemokraten aus Teschner-Schlesien zur Deutsche Sozialdemokratische Partei Polnisch-Oberschlesiens (DSP) zusammen. In Bromberg (Pommern) gründete sich dazu dann noch die Deutsche Sozialdemokratische Partei für Posen-Pommerellen – auch ehemalige SPD-Ortsvereine. Alle diese Parteien hatten eigene Zeitungen – z.B. die Lodzer Volkszeitung.

1929 kam es dann aber zum Zusammenschluss dieser unterschiedlichen Parteien zur Deutschen Sozialistischen Arbeiterpartei Polens (DSAP) – die Gruppe in Bromberg/Pommern ist aber aus politischen Gründen nicht dabei. Diese Deutschen Sozialistische Arbeiterpartei Polens hatte knapp 10.000 Mitglieder (deutlich weniger als die DSAP in der Tschechoslowakei) und war im SEJM und im schlesischen Provinzparlamenten vertreten. Vorsitzender der DSAP Gesamtpartei war 1929 bis 1935 Artur Kronig (1896–1953) und 1935 bis 1939 Emil Zerbe.

Die Partei arbeitet gegen das Piłsudski -Regime. Polen war ab 1926 keine Demokratie mehr, sondern ein autoritärer Staat, und natürlich auch gegen nationalsozialistische Tendenzen auf deutscher Seite. Sie versuchte, genau wie die sudetendeutsche Sozialdemokratie, Politik für die deutsche Minderheit zu machen. Interessant ist, dass diese DSAP bis 1939 die Fahne des Sozialismus hochhielt – also sogar länger als die sudetendeutsche DSAP.

Eine weitere interessante Frage, so Oellermann, ist die, was denn später aus diesen Sozialdemokraten wurde? Ihr Schicksal ist vergleichbar mit dem der sudetendeutschen Sozialdemokraten. Es gibt Verfolgung, Deportationen in die Sowjetunion (aus den von der Sowjetunion besetzten Gebieten), Flucht und Vertreibung. Viele kommen dann auch nach Westdeutschland und es bildet sich keine vergleichbare Vereinigung wie die Seliger-Gemeinde. Weswegen die Seliger-Gemeinde, eigentlich eine Organisation der sudetendeutschen Sozialdemokratie,  auch zur Heimat für vertriebene Sozialdemokraten aus den polnischen Gebieten wird.

Beispiele von Menschen, die nicht aus dem Sudetenland kamen und den Weg in die Seliger-Gemeinde gefunden haben:

Einen kennen wir alle, er war lange Jahre ein aktives Mitglied unserer Organisation: Leonhardt Maniura aus Hessen. Er stammte aus dem oberschlesischen Schomberg und ist 1990 der Seliger-Gemeinde beigetreten.

Hilde Holler, eine Schlesierin, wird 1948 Mitglied der SPD und aktives Mitglied der Seliger-Gemeinde

Willy Balling, Schlesier, kommt erst 1965 nach Deutschland und wird Mitglied der Seliger-Gemeinde Regensburg

Günther Krupp aus Brelau, damals eine Hochburg der deutschen Sozialdemokratie, schloss sich der SPD in Selb und der dortigen Seliger-Gemeinde an

Marin Böhm aus Breslau schloss sich der SPD in Regensburg an

Auch Christine Haschek, die langjährige Vorsitzende des Seliger-Gemeinde-Sozialwerks, stammte nicht aus dem Sudetenland, sondern aus der deutschen Minderheit aus dem ehemaligen Jugoslawien.

Es gab eine Olga Schaffer, sie war eine Balten-Deutsche und kam durch Heirat eines deutschen Kriegsgefangenen aus dem 1. Weltkrieg in die Tschechoslowakei. Nach dem Krieg gehörte sie für die SPD dem Stadtrat  von Marktheidenfeld/Bayern an.

u.a. mehr

Es folgt für uns eine wichtige Erkenntnis: in der Seliger-Gemeinde fanden sich nicht nur sudetendeutsche Sozialdemokraten wieder, sondern auch vertriebene Sozialdemokraten aus anderen, auch polnischen Vertreibungsgebieten. Die Seliger-Gemeinde war schon immer eine Organisation für Menschen aus ganz unterschiedlichen Herkunftsgebieten.

Einen breiten Fundus zur Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen... bietet die Martin-Opitz-Bibliothek in Herne, eine Spezialbibliothek für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. (www.martin-opitz-bibliothek.de )

Diese Abendschule mit Thomas Oellermann zum Thema „Die deutsche Arbeiterbewegung in Polen und Sozialdemokraten aus den polnischen Gebieten in den Reihen der Seliger-Gemeinde“ kann jederzeit als Podcast nachgehört werden.

 

Die seliger-online-Veranstaltungen finden mit großzügiger Unterstützung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages statt.

 

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